Klubs, Kunden, Investoren

TAZ SALON Vereinsvertreter diskutieren, ob die Zersplitterung des Profifußballs unumkehrbar ist

Der Profifußball soll mal ein Ereignis gewesen sein, das zu einem Zeitpunkt die unterschiedlichsten Menschen zu einem kollektiven Erlebnis versammelte und bei dem jeder jeden schlagen konnte, behaupten Romantiker. Morgen wird der Profifußball eine Ware sein, die in Portiönchen über die Woche verteilt ausgewählte Marktsegmente bedient und bei dem der Sieger feststeht, sagen Pessimisten.

Heute steht der Profi-Fußball an der Schwelle zu einer neuen Phase seiner Verwertung, sagen fast alle. Während bei Klubs wie Werder Bremen das Eigenkapital schmilzt, verpflichtet der VfL Wolfsburg den Nationalspieler André Schürrle für 32 Millionen Euro – nicht von den Millionen, die er wie einst die Bremer über die Champions League eingespielt hat, sondern von den geschätzten 60 Millionen Euro, die der VW-Konzern jährlich an den Klub überweist. Die Millionen aus der Königsklasse kommen demnächst dazu.

Wer weder Dauergast in der Champions League ist noch einen geldsprudelnden Mutterkonzern hat, ist auf der Suche nach Investoren, die verhindern können, dass er endgültig von den europäischen Fleischtöpfen abgehängt wird. – Wie der HSV, der dafür seine Vereinsstruktur samt Mitspracherechten der Mitglieder geopfert hat. Laut einer Studie rechnen zwei Drittel aller Bundesliga-Manager mit einem Bedeutungszuwachs von Fremdkapitalgebern im Profifußball. Ein Drittel – wohlgemerkt der Manager, nicht der Fans – hält das für eine schädliche Entwicklung. Wie die Fans auf die Entwicklung reagieren, kann man beim HSV und bei Hannover 96 beobachten, wo gerade die Gruppen, die bislang in den Kurven Stimmung gemacht haben, den Profis den Support verweigern. Stattdessen wenden sie sich den Juniorenteams zu oder gründen gar eigene Vereine.

Und schon naht neues Unheil. Einigen Bundesliga-Managern ist der sieben Milliarden Euro schwere Fernsehvertrag der Premier League so in die Glieder gefahren, dass sie eine weitere Zersplitterung des Bundesliga-Spieltags befürworten. Wer mit Blick auf den asiatischen Markt chinesische Spieler kauft, will natürlich auch mal zur Pekinger Prime-Time auflaufen – das ist 12 Uhr mitteleuropäischer Zeit.

Ist die Zersplitterung des Profi-Fußballs und seiner Anhängerschaft ein unumkehrbarer Prozess? Darüber wollen wir mit den Vertretern von vier norddeutschen Bundesligisten diskutieren: Dietmar Beiersdorfer (Vorstandsvorsitzender des HSV), Marco Bode (Aufsichtsratsvorsitzender von Werder Bremen), Oke Göttlich (Präsident des FC St. Pauli) sowie Christian Brehm (Vorsitzender Rote Kurve – 96 Supporters Club).  RLO

19.30 Uhr, Kulturhaus 73, Schulterblatt 73, Eintritt frei