„Keine Gastarbeiter mehr“

Wilhelmsburger diskutieren über Zuwanderung

■ 55, arbeitet in einer Wilhelmsburger Schule. Er ist aktiv im Türkischen Elternbund und koordiniert die 15-köpfige Band „Mosaik“.

taz: Herr Bozkurt, was hat sich in den letzten 50 Jahren für Türken in Deutschland verändert?

Serdar Bozkurt: Früher wurden auf beiden Seiten Fehler gemacht, die nicht wiederholt werden dürfen: Die Deutschen haben die Gastarbeiter nicht akzeptiert und wollten, dass sie hier arbeiten und dann zurück in die Türkei gehen. Und viele Gastarbeiter wollten das auch und dachten, sie brauchen kein Deutsch zu lernen. Aber für viele ist Deutschland die erste Heimat geworden, die Gastarbeiter sind keine Gastarbeiter mehr.

Sie leben seit zehn Jahren in Wilhelmsburg, was hat sich verändert?

Wilhelmsburg ist nicht mehr wie früher. Es gibt mehr Kontakt zwischen den Menschen. Studenten und Familien kommen jetzt hierher, weil die Schulen sich verbessert haben. Auch das Miteinander ist toleranter geworden.

Welche Probleme sind geblieben?

Arbeitslosigkeit. Die Migranten dürfen nicht benachteiligt, sondern müssen gefördert werden.

Was können die Migranten selbst tun?

Es gibt eingebürgerte Türken in der Bürgerschaft, da können sie mitgestalten. Oder andere Beispiele wie Fatih Akin. Gerade die jungen Menschen, die hier geboren und aufgewachsen sind, sind oft gut integriert. Sie können sich in der Gesellschaft einbringen, ohne ihre türkische oder muslimische Identität aufzugeben.

Geht es auch um Integration, wenn Ihre Gruppe „Mosaik“ heute Abend im Bürgerhaus Musik macht?

Die Türkei ist ein großes Land, wir spielen Lieder aus allen Ecken. Alle sind eingeladen, mit uns zu Tanzen, das verbindet. INTERVIEW: ALEXANDER KOHN

Lesung, Diskussion und Konzert „50 Jahre Anwerbeabkommen Deutschland – Türkei“: 19 Uhr, Bürgerhaus Wilhelmsburg