Wahlcomputern droht die Abwahl

Das Innenministerium prüft die Sicherheit von elektronischen Stimmenzählern. Das Urteil könnte ihr Aus bedeuten

BERLIN taz ■ Vor der Landtagswahl will Hessen ganz sichergehen. Das Land lässt vom Bundesinnenministerium prüfen, ob die Wahlcomputer der Firma Nedap sicher genug für den Urnengang im Januar 2008 sind. Das Haus von Wolfgang Schäuble (CDU) bestätigte die Anfrage des hessischen Innenministeriums. „Derzeit wird ein Gutachten erstellt“, sagte eine Sprecherin des Ministeriums. „Danach kann entschieden werden, ob die Computer zulässig sind.“

Erst vor ein paar Wochen hatte das niederländische Innenministerium Wahlcomputer der Marke Nedap aufgrund eines kritischen Gutachtens aus dem Verkehr gezogen. Kurz danach veröffentlichten Hacker des Chaos Computer Club ebenfalls eine Bewertung, laut der auch die deutschen Nedap-Rechner leicht manipulierbar sind (taz berichtete). Ein Bürgerrechtler klagt deswegen sogar vor dem Bundesverfassungsgericht.

Das staatliche Urteil über den Urnengang per Knopfdruck wird von den Fachleuten der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) erstellt und soll nach Aussagen der Schäuble-Sprecherin im November oder Dezember dieses Jahres fertig sein. „Danach steht dann fest, ob unser Ministerium diese Computer für sicher und zulässig hält“, sagte die Sprecherin weiter. Das habe auch Auswirkungen auf andere Bundesländer.

Bei Bundestagswahlen dürften als unsicher befundene Computer gar nicht mehr verwendet werden, erklärte die Ministeriumssprecherin. Und auch auf Landtagswahlen hätte die Entscheidung der staatlichen Prüfer Einfluss: Viele Länder verweisen in ihren Wahlgesetzen darauf, dass verwendete Stimmcomputer vom Bund für zulässig erklärt werden müssen. Fällt ein Rechner durch, kann er nicht eingesetzt werden.

Bürgerrechtler wie Constanze Kurz vom Chaos Computer Club hoffen jetzt, dass „Deutschland auf dem Weg ist, Wahlcomputer endgültig aus dem Verkehr zu ziehen“. Die Wahlergebnisse seien zu leicht manipulierbar und auch nicht zu überprüfen.

Das Innenministerium in Berlin dämpft solche Hoffnungen: Das Gutachten aus den Niederlanden beschäftige sich hauptsächlich mit der Vereinbarkeit von Computern und niederländischem Wahlrecht. Das sei auf Deutschland nicht übertragbar. Allerdings geben Schäubles Mitarbeiter zu, dass „es in dem Papier auch Beurteilungen technischer Art gibt, die wir berücksichtigen müssen“. Ein Teil des Gutachtens sei zudem noch nicht übersetzt.

Bisher hat die Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Deutschland eingesetzte Wahlcomputer als sicher eingestuft. In einer Beurteilung vom Mai 2007 kommen die Prüfer zu dem Schluss: „Öffentlich aufgeworfene Bedenken […] führen nicht zu einem Handlungsbedarf in Deutschland.“ Das könnte sich vielleicht bald ändern. Für das hessische Innenministerium wäre in einem solchen Fall klar, dass „sich die Frage des Einsatzes der Geräte für uns gar nicht mehr stellt“. DANIEL SCHULZ