Der Lautsprecher der Klinikärzte

Frank Ulrich Montgomery, 55, ist der streitbare Chef des Marburger Bundes. 2006 focht er einen eigenen Tarifvertrag für die Klinikärzte durch. Nun will er nicht wieder für das Amt kandidieren FOTO: AP

Er hat erreicht, wofür die Bahngewerkschaft GDL zurzeit streitet: einen eigenen Tarifvertrag für seinen Berufsstand durchzuboxen. 2006 erstritt Frank Ulrich Montgomery, Chef der Gewerkschaft Marburger Bund, mit heftigem Gepolter einen eigenen Tarifvertrag für die Klinikärzte. „Das war einer der größten Erfolge“, sagte er am Mittwoch der taz.

Nun hat der 55-Jährige angekündigt, bei den Vorstandswahlen des Marburger Bunds nicht mehr antreten zu wollen. Nach 18 Jahren als Chef der Ärztegewerkschaft hört der Hamburger Radiologe auf. Er wolle sich auf andere Aufgaben vorbereiten. Welche Aufgaben das sein könnten, darüber wird bereits heftig spekuliert. Demnach möchte Montgomery Jörg-Dietrich Hoppe als Präsident der Bundesärztekammer ablösen. Auf den begehrtesten Posten in der ärztlichen Standesvertretung ist Montgomery schon lange scharf: Schließlich war er bereits 1999 gegen Hoppe angetreten – und unterlegen. Dass Hoppe nun abtritt, ist jedoch unwahrscheinlich. Erst im Mai wurde er auf dem Ärztetag im Amt bestätigt und Montgomery zum Vize gewählt. So wiegelt dieser auch ab. Er wolle Hoppe „nicht jagen und erlegen“, sondern frühestens 2011 beerben.

Doch Montgomery kann auch mit harten Bandagen kämpfen. Ein Diplomat war er nie. 2005 kündigte er die Tarifgemeinschaft mit der Gewerkschaft Ver.di auf, der er „mafiöse Verbindungen“ zum Arbeitgeberlager unterstellte. Bis zum Sommer 2006 erstritt der Marburger Bund dann in einem erbitterten Arbeitskampf, den Montgomery als „Sklavenaufstand“ bezeichnete, den eigenen Tarifvertrag. Der Sieg bescherte dem Marburger Bund einen Anstieg der Mitgliederzahlen um rund 15.000. Doch der Tarifabschluss sorgte auch für Kritik. Denn ausgerechnet die unter langen Arbeitszeiten ächzenden Assistenzärzte profitierten am wenigsten davon.

Montgomery bezeichnet sich selbst als „politischen Menschen“. Er ist Sozialdemokrat, was sich jedoch einmal nachteilig auswirkte: 2002 wurde Montgomery als Präsident der Hamburger Ärztekammer abgewählt, nachdem er zur Wahl von Gerhard Schröder aufgerufen hatte. Inzwischen hat Montgomery das Amt wieder inne.

Allzu große Nähe zur SPD kann man Montgomery heute dagegen kaum unterstellen. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) ist nicht gut zu sprechen auf Montgomery, seit dieser die Ärzte aufgerufen hatte, die Gesundheitsreform zu boykottieren. „Wir haben ein kühles Verhältnis“, sagte Montgomery der taz. Ob es besser wird, wenn er eines Tages Chef der Ärztekammer ist? Montgomery hofft, dass bis dahin ein neuer Gesundheitsminister im Amt ist. „Das würde einiges erleichtern.“ WOLF SCHMIDT