Filigrane Kantigkeit

ELECTROSOUL Eine temperamentvolle Stimme, die nicht nervt, klug verteilte Melodien und attraktiv gebrochene und subtil-minimalistische Beats: Das schwedische Quartett Little Dragon macht alles richtig – und schafft damit nun auch den Durchbruch

Vermutlich sind Little Dragon nicht die Zukunft. Aber gegenwärtig wie nur was

VON MICHAEL SAAGER

Nicht nur im Knast ist der Durchbruch eine feine Sache. Seit der Veröffentlichung von „Ritual Union“ im Sommer spielt das schwedische Electrosoul-Quartett Little Dragon ganz vorne mit. Das freut sicherlich Dave Sitek, Damon Albarn, Big Boi (von Outcast) oder den famosen Postdubstepper Zomby; sie alle sind ja schon länger Fans der Gruppe.

Sängerin Yukimi Nagano singt wie eine androgyne Nachtigall des Blue Eyed Soul. Was unbedingt als Kompliment gemeint ist. Dass sie mit ihrer hellen, temperamentvollen Stimme im Gegensatz zu den Star-Hupfdohlen des R&B-Mainstreams kein bisschen nervt, etwa weil ihr unsensible Vibratohechtsprünge rauf zur nächsten Oktave zu jeder noch so unpassenden Gelegenheit völlig fremd sind – schon dafür sollte man dankbar sein.

Die Noten ihrer traurig-schönen Gesangsmelodien verteilt sie klug über mal subtil filigrane, mal diamanten scharfkantige, dann wieder eigensinnig dissonante Patterns und Sounds. Und über minimalistisch bouncende, attraktiv gebrochene und subtil geshuffelte (Bass-)Beats, deren Herkunft sich vor allem drei Quellen verdankt: elektronischem Hochgeschwindigkeits-Postpunk der frühen 80er Jahre; Drum’n’Bass der funky gefühlvollen Sorte, wie ihn die Bristoler Roni Size und DJ Krust in den mittleren 90ern produziert haben; und schließlich und selbstverständlich Postdubstep bzw. Bassmusik. Vermutlich sind Little Dragon mit ihrem Modell glasklar konturierten, fluffig-luftigen Electrosouls nicht die Zukunft. Aber sie sind gegenwärtig wie nur was. Wenn sich inzwischen sogar ein notorischer Blues-Pop-Rocker wie Lenny Kravitz den iPod seiner Tochter schnappt, um Stücke von Little Dragon zu hören – umso besser.

Konsens ist ja nicht deshalb doof, weil es alle wollen oder machen, sondern weil er allzu häufig lieblos zubereiteten Quatsch mit Soße repräsentiert.

■ Wegen Kranheit musste das für Dienstag geplante Konzert kurzfristig abgesagt werden. Nachgeholt wird es am 10. 12. im Uebel & Gefährlich, Feldstraße 66