ANDREAS FANIZADEH LEUCHTEN DER MENSCHHEIT
: Fette Katzen in Damaskus

Eric Ambler, der britische Schriftsteller, wusste sehr genau wie das syrische Regime funktioniert. Sein Roman „Der Levantiner“ von 1972 beschreibt ein Gewirr von Geheimdiensten und intransparenten Mächten im Reiche Hafis al-Assads. Er erzählt, wie das syrische Regime den kosmopolitischen Kaufmann Michael Howell zwingt, eine Fabrik palästinensischen Extremisten zur Verfügung zu stellen, damit sie so getarnt Anschläge gegen Israel vorbereiten konnten.

Heute, fast dreißig Jahre nach dem „Levantiner“, regiert immer noch ein Assad in Damaskus, auf Hafis folgte Sohn Baschar. Und der will immer noch, zumindest rhetorisch und mit Iran im Rücken, gegen Israel zu Felde ziehen. Tatsächlich lässt er aber das eigene Volk niedermetzeln. Bei Machtübernahme 2000 versprach er noch Reformen. Doch allein seit März sind in Syrien mindestens 3.000 Menschen getötet und über 70.000 in Gefängnisse geworfen worden.

Der Diktator wird nicht müde zu behaupten, Israel und der Westen stünden hinter dem Aufstand in seinem Land. Wenn dem mal so wäre. Jetzt lässt Assad sogar die Grenze zwischen dem Libanon und seinem Volksgefängnisstaat verminen, während die gefürchtete Nato noch zögert, sich – wie von einigen syrischen Gruppen bereits gefordert – militärisch zu engagieren.

Aber warum nimmt Assad nicht wie die „fetten Katzen“ in Ägypten oder Tunesien seine Milliarden und dankt ab? Wer Ambler gelesen hat, bekommt zumindest literarisch eine Ahnung davon: zu viele Leichen im Keller und mit diesen kein ruhiger Lebensabend im Exil.

Andreas Fanizadeh leitet das Kulturressort der taz Foto: privat