Mit Hartz IV in die Rente

Der Trend im Alter geht zu Hartz IV – in Bremen sank die Zahl der Arbeitslosengeld-Ansprüche um satte 25 Prozent

„Mit Hartz IV in die Rente“ – unter dieser ironischen Überschrift hat der Sozialpolitik-Experte Paul Schröder vom Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung die aktuellen Zahlen zum Streit um das Arbeitslosengeld zusammengefasst. Die Zahl der Menschen im Land Bremen, die 55 Jahre und älter sind und Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, ist zwischen Juni 2006 und Juni 2007 von 1.748 auf 1.314 gesunken – das sind satte 25,8 Prozent. Das ist eine schlechte Nachricht, denn in derselben Zeit ist die Zahl der Menschen über 55, die ALG II empfangen, noch einmal um 2,5 Prozent gestiegen. In der Tabelle der hilfebedürftigen älteren Menschen nahm Bremen schon 2006 einen Platz im Mittelfeld ein, zwischen Städten wie Leipzig, Dresden oder Duisburg.

Von den 8.602 BremerInnen über 55, die ALG II erhalten, sind nur 2.941 als arbeitslos gemeldet. Die Mehrzahl gilt also nicht mehr als „vermittelbar“. Paul Schröder erinnert daran, dass Gerhard Schröder – als er im September 2002 die Bundestagswahlen gegen Edmund Stoiber gewinnen wollte – die „Bibel für den Arbeitsmarkt“ von Peter Hartz vorstellte. Und als Ziel formulierte, die Arbeitslosenzahlen zu halbieren. Nur wenn sich bis 2005 herausstellen sollte, dass dies nicht erreichbar ist, sollte über eine zeitliche Verkürzung des Arbeitslosengeldes gesprochen werden.

Stoiber verlor die Wahl, es dauerte gerade ein halbes Jahr, da verkündete Schröder in Abstimmung mit Franz Müntefering die „Agenda 2010“ – mit einem Zusatz: Der Kürzung der Anspruchsdauer für das beitragsfinanzierte Arbeitslosengeld. Die Kosten der Arbeitslosigkeit sollen auf jeden Fall gesenkt werden, auch ohne Reduzierung der Arbeitslosigkeit. Im Juni 2003 wurde die Maßnahme in gesetzliche Form gegossen – zwei Jahre vor dem von Peter Hartz vorgesehenen Überprüfungs-Datum.

Die geplante Verkürzung der Anspruchsdauer, die Wahlkämpfer Müntefering 2002 verschwieg, droht ihn nun einzuholen, sagt Paul Schröder: Wäre die Maßnahme damals schon verkündet worden, hätte möglicherweise Stoiber die Bundestagswahl gewonnen. kawe