Vollwertig

Janna Simoneit hat hart gekämpft und kam ans Ziel. Sie war arbeitslos, hatte kein Geld, wurde Mutter dreier Kinder und ist heute Chefin einer Bio-Cateringfirma

Vor drei Jahren bekam Janna Simoneit noch Sozialhilfe. Eine 45-jährige alleinerziehende Mutter von drei Kindern ohne anerkannten Berufsabschluss – im zertifizierungssüchtigen Deutschland eine Katastrophe. Dann gründete Simoneit die Bio-Catering-Firma „mundart“. Mit Erfolg. Vor kurzem erhielt sie in Bremen dafür den Belladonna-Gründerinnenpreis.

Simoneit ist Köchin ohne Brief und Siegel, dafür aus Leidenschaft. Jahrelang arbeitete sie in einem selbstverwalteten Vollwertrestaurant am Bodensee. Das war in den 80er Jahren. Dann trieb sie die Lust auf Freiheit in die USA. Aus einem sechswöchigen Besuch bei Verwandten wurde ein Jahr. „Komischerweise“, sagt sie, „bin ich auch dort wieder in die Gastronomie reingerutscht“. Diesmal kochte sie vor allem vegetarisch, da lernte sie eine Menge dazu.

Nach der Rückkehr nach Deutschland hat sie ein Soziologiestudium begonnen, beendete es aber nicht, „denn dann habe ich meine Kinder bekommen“. Neun Jahre war sie nur für ihre Kinder da, das sah sie als ihre Aufgabe an, ihre Arbeit: „Das war mir wichtig. Ich habe das als meine Aufgabe gesehen. Das haben die Kinder gebraucht – und ich habe sie gebraucht.“ Eine andere Tätigkeit wäre für sie damit nicht vereinbar gewesen. „Neun Jahre Erziehungszeit, das war ein bewusster Entschluss“, sagt sie.

Von ihrem Engagement in Kommune und Friedensbewegung blieb mit der Zeit nur das Festhalten an Bio-Produkten. Kochen sei eine Art künstlerischer Prozess, sagt sie schmunzelnd. Betrachtet man ihre Buffet-Vorschläge, weiß man, dass sie damit Recht hat. „Peruanische Kartoffel-Limetten-Schichttorte mit Tomatenfüllung“ etwa – wer hat das schon einmal auf einer Speisekarte gefunden oder sogar gegessen?

Beinahe hätte Bremen auf derartige kulinarische Köstlichkeiten verzichten müssen. Das Sozialamt riet ihr von der Verwirklichung ihrer Idee ab. „Wie wollen Sie das mit drei Kindern schaffen?“, hörte sie allerorten. Sie bezog Arbeitslosengeld II, bekam nur einen Kleinkredit aus einem Förderprogramm für Existenzgründer und hatte keine Rücklagen. Dabei hatte sie sich diese und andere Fragen längst selbst gestellt. Kopflos ist sie nicht gewesen, und trotzdem musste sie einen langen Atem haben. Dazu Mut und viel Kraft, die bürokratischen Hürden der BAgIS zu überwinden. Einige Male war sie kurz davor aufzugeben. „Will ich es wirklich? Ja, ich will es wirklich! Ich mache weiter!“

Ihr Tipp für Menschen mit ähnlichen Plänen, die sich nicht trauen: „Einfach machen! Im Grunde hat man nichts zu verlieren“, sagt sie. Und wenn es dann nicht funktioniert, meint sie, sei es auch nicht so schlimm. „Das Leben sagt einem schon, wenn man irgendwo nicht hin soll.“ RR