Blind Dating (11)

Keine Treffen mit Jette P.

Eine Insel mit zwei Bergen, ein Hotel, eine kleine Reise. Sechs Kandidatinnen und ich. Alle drei Tage ist „Elimination Day“, Tag der Ausscheidung, da wird dann eine von ihnen tränenreich verabschiedet, rausgewählt, schlichtweg gefeuert. Die anderen hält man sich warm, die kommen eine Runde weiter, und für die Kameras (aber nicht nur für die) knutscht man mit ihnen herum und macht Spiele und abenteuerliche Ausflüge. Bis zum nächsten E-Day. Und am Ende der Sendung bleibt eine übrig, die ist es dann. Bis zur nächsten Staffel.

Aber so funktioniert das nur im Fernsehen. In echt rennt man herum, wartet und taktiert. Warten und Taktieren sind die beiden wesentlichen Handlungsweisen bei der Partnerwahl, da kann man von Spontaneität, dem ersten Flash oder sonstigem romantischen Unsinn erzählen, so viel man will. In der Hauptsache sitzt man herum und muss sich überlegen, was taktisch am klügsten ist. Sie meldet sich nicht, sie bittet sich Zeit aus. Laufe ich hinterher, oder lasse ich es? Versuche ich, sie eifersüchtig zu machen, oder versuche ich es gleich mit einer anderen?

Am schwierigsten wird es, wenn man sich für Online-Dating entschieden hat. Da ist es nämlich mitnichten so, dass man dauernd unterwegs ist und irre Sachen erlebt. Im Gegenteil. Das Warten und Taktieren findet ganz direkt jeden Abend vor den eigenen Bildschirmen (Handy und Rechner) statt. Bei der Agentur habe ich mich inzwischen abgemeldet. Es wird noch eine Folge geben, und entweder gelingt ein Happyend mit Sally oder eben nicht. Mit Jette klappt es nicht, die hat mich nach fünf, sechs missverständlichen Mails einfach rausgewählt. Gefeuert an ihrem privaten Elimination Day. Tränen flossen nicht. Höchstens virtuelle. RENÉ HAMANN