Kunstwerk sucht Zuhause

AUSSENSEITER Die Zelle des Psychiatriepatienten Julius Klingebiel ist ein beispielloses Kunstwerk. Offen ist, was damit geschieht

Der pensionierte Psychiatrie-Professor Andreas Spengler gerät ins Schwärmen, wenn er über die Klingebiel-Zelle im Verwahrhaus des ehemaligen Landeskrankenhauses Göttingen spricht. „Derartige Raumkunstwerke gibt es nur ganz vereinzelt auf der Welt.“ Der Psychiatriepatient Julius Klingebiel (1904–1965) hat dort den neun Quadratmeter großen Raum, in dem er Jahrzehnte eingesperrt war, bis unter die Decke bemalt.

„Klingebiel hat seine ganze Weltvorstellung und seine Lebensgeschichte in dieser einen Zelle verdichtet“, sagt Spengler. Er und seine Mitstreiter vom „Klingebiel-Projekt“ haben es sich zum Ziel gesetzt, das einzigartige Werk der sogenannten Außenseiter-Kunst zu bewahren und für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Chancen dafür sind gut. Denn die etwa neun Quadratmeter große Zelle steht unter Denkmalschutz.

„Die Klingebiel-Zelle ist ein einzigartiges Kulturdenkmal, welches unbedingt erhalten bleiben muss“, sagt Niedersachsens Kulturministerin Gabriele Heinen-Kljajic. Es sei wichtig, dass eine möglichst breite Öffentlichkeit Zugang erhalte. Das Land Niedersachsen ist Eigentümer der Zelle. Denn das Feste Haus in Göttingen, das demnächst nicht mehr benötigt wird, gehört zum Maßregelvollzugszentrum im nahen Moringen. Es dient derzeit zur Unterbringung gefährlicher psychisch kranker Straftäter.

Zu Überlegungen, die Zelle als Ganzes abzubauen und dauerhaft im Sprengel-Museum zu zeigen, sagte die Ministerin, die Frage nach der Zukunft der Zelle könne derzeit nicht abschließend beantwortet werden.  (dpa)