: „Universelle Werte“
ETHIK Ein Kongress will ausloten, wie Chefs christlich führen und wirtschaften können
■ 58, Historiker und Wirtschaftswissenschaftler, ist seit 2007 Vorstandssprecher der Hamburger Volksbank.
taz: Herr Brüggestrat, Sie nehmen am „Kongress christlicher Führungskräfte“ teil. Sind Sie ein christlicher Chef?
Reiner Brüggestrat: Ja – weil ich mich in einer mitteleuropäischen, christlich geprägten Wertekultur bewege. Als Vorstand einer Genossenschaftsbank kann das gut umsetzen, weil wir ein werteorientiertes Haus sind.
Welche Werte sind das?
Nachhaltigkeit, Solidität, Solidarität, Verlässlichkeit, eine Vertrauenskultur – mit dem in der Satzung formulierten Ziel, den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb der Eigentümer zu fördern.
Den Gewinn zu maximieren.
Nein. Unsere Eigentümer und Kunden erwarten aber Leistungsstärke. Wir brauchen Gewinne, um unser Eigenkapital zu stärken, damit wir schwierige Situationen selbst bewältigen können.
Und wie stark leben Sie als Chef ihr Christentum? Rezitieren Sie täglich die zehn Gebote?
Nein. Sie stammen aus dem Alten Testament der Bibel, und unser mitteleuropäisches Christentum setzt eher auf die Nächstenliebe des Neuen Testaments. Das wiederum hat mit Solidarität und Verantwortung zu tun.
Äußert sich Ihre Nächstenliebe auch, wenn es um die Entlassungen von Mitarbeitern geht, die nicht so viel leisten?
Natürlich trage ich Verantwortung für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, und wenn wir jemandem kündigen, erklären wir genau warum. Wegen krasser Fehlleistungen kündigen wir ohnehin selten. Richtig ist aber, dass nicht immer alle mit veränderten Anforderungen Schritt halten. Solche Kollegen können bis zu 18 Monate in den „Personalpool“ gehen, werden weiter bezahlt und für einen anderen Posten im Unternehmen qualifiziert. Solche Pools sind inzwischen recht verbreitet.
Und welches wäre das Alleinstellungsmerkmal einer christlich geführten Firma?
Das gibt es nicht. Wir setzen eher auf universelle Werte. Die beziehen wir Mitteleuropäer aus dem Christentum, andere Kulturkreise aus ihren Religionen. Es geht um die Grundorientierung.
Vermitteln Sie die Ihren Mitarbeitern?
Ja. Wir bieten „Werteseminare“ an, um die Mitarbeiter zum Beispiel für die Grenze zwischen „Ausnutzung“ und „Umgehung“ der Steuergesetzgebung zu sensibilisieren. Zwischen „legal“ und „legitim“. INTERVIEW: PS
Kongress christlicher Führungskräfte samt Fachausstellung: 26. 2., 9.30 Uhr, bis 28. 2., 12 Uhr, CCH. Diskussion über Geld und Moral mit Reiner Brüggestrat und weiteren Führungskräften: 27. 2., 16.30 Uhr.
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