Rebellischer Preisträger

ANTON FLÜGGE, 25, treibt ein wenig Sport und liest gerne Zeitung, insbesondere die Onlineausgabe der taz. Seit diesem Sommer studiert er im englischen York. FOTO: PRIVAT

Im vergangenen Januar ist Anton Flügge von zwei Polizisten weggetragen worden. Der damals an der Universität Osnabrück Studierende hatte an einer Blockade gegen Studiengebühren teilgenommen. Ein halbes Jahr später erhielt der Bachelor für Cognitive Science einen Wissenschaftspreis des Landes Niedersachsen für „exzellente wissenschaftlichen Leistungen“. Da ihm eine konkrete Begründung der Jury nicht vorliegt, vermutet Flügge schelmisch, dass sein Einsatz für eine demokratische Hochschule gewürdigt wird.

Etwas Grundsätzliches stört ihn nämlich erheblich: das falsche Spiel der Politiker, die versprechen, dass Studiengebühren den Universitäten zugute kommen sollen und gleichzeitig Fördergelder in Millionenhöhe kürzen. Dem gebürtigen Frankfurter war das Recht auf Mitbestimmung schon immer wichtig: Er war Mitglied der Schülervertretung, bei ProAsyl und katholischer Jugendarbeiter. Studiengebühren hält er für unsozial: „Die Einführung der Gebühren ist sicherlich nicht die beste Maßnahme, um Deutschland, mit einem der sozial selektivsten Bildungssysteme, mehr Studierende zu bescheren.“ Den Selektionsdruck spürte er persönlich. Er würde wohl nicht im englischen York weiterstudieren, hätte er nicht ein Stipendium bekommen. Flügge gibt sich bescheiden: „Zumindest für den Master in technischen Fächern scheint es nicht schwer zu sein, eine Förderung zu bekommen“, sagt er. Für den Preis wurde er in letzter Sekunde vorgeschlagen, weil auf einer Liste der Universität noch Platz war. Nach Ansicht seines früheren Logik-Professors Achim Stephan hat Anton Flügge sein Stipendium aber durch seine Leistungen und seinen Einsatz als Tutor verdient.

Bei der heutigen Preisverleihung im Rathaus von Hannover wird Flügge wohl nicht dabei sein. Der steifen Veranstaltung zieht er seine Vorlesungen über Natural Computation vor. JAN DREYLING