SPORTPLATZ
: Ein Bayer in Berlin

PROMI-SHOW Der Trainer von Hertha trifft einen Moderator in einem Kaufhaus zum Plaudern

Endlich war er da, ein paar Minuten zu spät zwar, aber egal. Endlich verstummten die Musik und der Witzbold namens Moderator. Denn jetzt galt der Fokus nur noch einem: dem Star des Abends, dem Trainer von Bayern … ähh … Hertha BSC Berlin! Ein junger, hübscher Kerl mit Zweitagebart, Loch in der Jeans und akkuratem, grauem Sakko. Drunter trug er ein blau-weißes Hemd, kariert, nicht rautenförmig. An den Armen ist er tätowiert. Das konnte man zwar wegen des Sakkos nicht sehen, doch das verriet er, ganz „unter uns“.

Aber der Reihe nach. Es gab da einen Termin. Nicht irgendeinen. In einem Kaufhaus in der Nähe des Fernsehturms sollte der Moderator irgendeines Sportsenders Berlins vorige Woche Berlins weltbesten Trainer zu einem „Gespräch mit anschließender Autogrammstunde“ treffen. Dort, zwischen Discounter und Drogerie, wollte der Moderator dem Trainer „auf den Zahn fühlen“.

Ich fühlte mich in meine Kindheit zurückversetzt. Damals, als der große Maier-Sepp in ein kleines Kaufhaus kam, um uns Kinder mit Autogrammen zu beglücken. Nun ist der Hertha-Trainer zwar nicht Sepp Maier, dafür ist er schöner. Also nichts wie hin. Im Kaufhaus angekommen, begebe ich mich auf die Suche, verwundert, dass mich kein Schild auf den hohen Besuch hinweist. Also frage ich mich vom Imbiss bis zur Boutique durch. „Markus wer?“

Plötzlich höre ich diese Musik – Blasmusik! „Das kann doch nicht …?“ Ich bekomme ein mulmiges Gefühl: Ist dieser hübsche Kerl, der die „alte Dame“ in die höchste deutsche Spielklasse führte, etwa ein Bayer? Ich wage mich trotzdem ins Getümmel. Während sich der Moderator noch selbst produziert oder, wie er sagt, „publiziert“, suche ich die Kinder. Irgendwer muss doch scharf auf die Autogramme sein. Aber ich sehe nur ältere Herren, die im Takt zur Musik schunkeln. „Ick hätte mit mehr Zuschauern gerechnet. Ick lese jeden Morgen die Bild-Zeitung, da stand das doch auch drin“, sagt mir einer von ihnen. Tja. Dann entdecke ich sie doch, eine Handvoll blutjunge Fußballfans. Und ein paar blau-weiße Schals.

„Ich bin keine Frau“

Die Spannung steigt. Endlich kommt er, der Trainer aller Trainer. Mit großen, eleganten Schritten bewegt er sich Richtung Bühne. Fußball kann so schön sein. „Ich bin ein Mann, keine Frau“, bekennt er. „Ich kann mich nur auf eine Sache gleichzeitig konzentrieren.“ Also wird geredet, natürlich über die schönste Nebensache der Welt. Der Trainer plaudert aus dem Nähkästchen: „Wir sind nicht Bayern München.“ Hätten wir das schon mal geklärt. Dann geht’s richtig ans Eingemachte: „Fußball ist ein unglaublich komplexer Sport. Da hast du elf Spieler auf dem Platz.“ Das hätte der Maier-Sepp nicht besser sagen können. Nur eine Frage bleibt an diesem Abend unbeantwortet: Bleibt er oder bleibt er nicht – Trainer bei Hertha?

Als der schöne Mann mit dem blau-weißen Kragen dann in bestem bayerischem Dialekt von einem „reschpektvollen Miteinander“ redet und „Des hoam die Jungs gut gemacht“ über seine vollen Lippen gleiten lässt, erhärtet sich mein Verdacht: Dieser Typ, der „kein Schafkopp spielen kann“, kommt aus Bayern und hat sich den Hauptstadtclub der Farben wegen ausgesucht. „Ich bin Markus Babbel“, sagt er schließlich stolz und freimütig. Mit sanfter Stimme fragt ein Kind: „Warum trainierst du Hertha und nicht die Bayern?“ Gute Frage. Aber jetzt, wo es spannend wird und die Autogrammstunde naht, muss ich leider gehen. TIMO REUTER