IGeL lohnen sich nur selten

GESUNDHEIT Mit einem „Monitor“ nehmen die Krankenkassen die selbstbezahlten Leistungen unter die Lupe. Fazit: Nur die wenigsten nutzen nachweislich

VON HELKE ELLERSIEK

BERLIN taz | Immer häufiger werden PatientInnen beim Arztbesuch Leistungen angeboten, die von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen werden. Doch die überwiegende Zahl der Diagnose- und Therapieverfahren hat offenbar keinen Nutzen und können sogar schaden. Zu diesem Schluss kommt der Bericht zum sogenannten „IGeL-Monitoring“, den der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes der Krankenkassen (MDS) am Donnerstag vorlegte.

IGeL steht für „Individuelle Gesundheitsleistungen“, die Kosten dafür trägt der Patient. Darunter fallen zum Beispiel die professionelle Zahnreinigung oder die Ultraschalluntersuchung der Eierstöcke zur Früherkennung von Krebs. Über 100 verschiedene kostenpflichtige Leistungen werden bisher von den Ärzten angeboten, 37 davon hat der Medizinische Dienst bewertet. Auf dessen Internetportal „IGeL-Monitor“ können sich Patienten darüber informieren, ob die Leistungen sinnvoll sind. Der Verein wägt nützliche und schädliche Eigenschaften der Therapien ab. Bei der Früherkennung von Eierstockkrebs beruft er sich etwa auf eine repräsentative Studie aus den USA. Demnach könne die Ultraschalluntersuchung Frauen nicht vor dem Tod durch Eierstockkrebs bewahren. „Indirekte Schäden, vor allem durch unnötig behandelte Tumore, können dagegen so gravierend sein, dass nach Ansicht des Teams der Schaden deutlich überwiegt“, sagt der Projektleiter des „IGeL-Monitor“, Dr. Christian Weymayr.

Das Abtasten auf Eierstockkrebs wird von den Krankenkassen einmal jährlich übernommen, bei Krebsverdacht auch der Ultraschall. Dementsprechend gering ist die Trefferquote bei den selbstfinanzierten Ultraschalluntersuchungen. Diese IGeL erhält das Fazit „negativ“.

Ebenfalls als negativ bewertet der MDK den Toxoplasmose-Suchtest bei Schwangeren zur Früherkennung der sogenannten „Katzenkrankheit“. Der Nutzen des Tests sei nicht abschätzbar, gleichzeitig sind die Risiken bekanntermaßen hoch. Die Tests sind umstritten, da sie in Verdacht stehen, Fehlgeburten verursachen zu können.

Verhältnismäßig gut haben nur vier Gesundheitsleistungen abgeschnitten: die Akupunktur zur Vorbeugung von Migräne, die Laserbehandlung von Krampfadern und die Lichttherapie bei saisonaler Depression, außerdem eine Stoßwellentherapie bei Schmerzen an der Ferse. Trotzdem haben diese Leistungen vom Medizinischen Dienst auch nur die Bewertung „tendenziell positiv“ erhalten. Uneingeschränkt positiv sei keines der medizinischen Angebote.

Der Verband empfiehlt Ärzten und Patienten, sich nach der IGeL-Checkliste von Bundesärztekammer, Kassenärztlicher Vereinigung und des Netzwerks Evidenzbasierte Medizin zu richten und sich immer Bedenkzeit auszubitten, um das Angebot in Ruhe prüfen zu können.

Der Krankenkassenverband wirft den Ärzten vor, ihren Patienten überflüssige Dienstleistungen anzubieten, um ihr Budget aufzubessern. Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, hingegen unterstellt den Krankenkassen eine „offenbar rein politisch motivierte Auswahl der bewerteten Leistungen“. So seien etwa die Bewertungskriterien nicht kommuniziert worden.