„Auf Qualität setzen, die auch etwas kosten darf“

WERTE Sichere Jobs sind Mangelware geworden. Deshalb rät Nicole Rupp, sich nicht zu billig zu verkaufen. Von Motivation und Know-how profitiert auch der Arbeitgeber

■ ist Diplombetriebswirtin mit Ausbildung im systematischen Coaching und seit 2003 mit ihrer eigenen Marke „geldbeziehung“ aktiv. Sie hält Vorträge und leitet Seminare sowie Trainings für eine bessere Beziehung zu Geld. Ihr Buch „Wer spart, verliert. Glück und Geld ins Leben holen“ ist 2010 im Kreuz Verlag erschienen. Weitere Informationen: www.geldbeziehung.de

taz: Frau Rupp, die Reallöhne in Deutschland sind gesunken. Sie haben ein Buch mit dem Titel „Wer spart, verliert“ geschrieben. Wie sieht Ihr Rezept aus?

Nicole Rupp: Fakt ist derzeit, dass sichere Jobs dahinschwinden. Selbst bei den großen Arbeitgebern sind die guten Zeiten vorbei, und es wird rationalisiert, wo es möglich ist. Das allgemeine Motto lautet: In Zeiten von „billig“ kann sich niemand mehr den Preis von „teuer“ leisten. Aber weltweit in Konkurrenz beim Preisniveau einzusteigen verspricht keinen Erfolg. Deutsche Produkte waren schon immer teuer. Aber sie waren ihren Preis auch wert – und deshalb gefragt. Deshalb ist es aussichtsreicher, auf Qualität zu setzen, die auch etwas kosten darf.

Was muss sich dafür im Arbeitsalltag ändern?

Arbeitnehmer und Arbeitgeber müssen zunächst einmal ein Selbstwertbewusstsein entwickeln. Wertorientierte Arbeitnehmer kennen ihre Qualitäten, entwickeln sie weiter und bringen sie ins Unternehmen ein. Das kann sich etwa durch mehr Eigenverantwortung zeigen. Wertorientierte Arbeitgeber wiederum folgen ihren Überzeugungen – auch wenn sie mal gegen den Strom schwimmen müssen. Statt sich auf kurzfristige Kostenreduzierung zu fokussieren, ist der Blick auf nachhaltige Entwicklung angesagt.

Die Praxis sieht oft anders aus. Was können Arbeitnehmer tun, wenn ihre Motivation ignoriert wird?

Ich selbst habe mir zuliebe und insofern aus Gründen meiner eigenen Sicherheit meine Anstellung mit Aussicht auf Verbeamtung als Fachangestellte in der Arbeitsförderung gekündigt. Ich habe jeden Tag gerne dort gearbeitet, aber die Gewissheit, dass mein individueller Beitrag die nächsten vierzig Jahre finanziell unbeachtet bleiben würde, löste alles andere als Motivationsschübe aus. Als ich mich das erste Mal um 15.29 Uhr an der Stechuhr ertappte, darauf wartend, dass der offizielle Dienstschluss um 15.30 Uhr erreicht war, wusste ich, dass es Zeit wird zu kündigen.

Kann man jedem so einen radikalen Schritt empfehlen?

Es kommt immer auf die spezielle Situation und die Persönlichkeit an. Aber wenn Sicherheit glücklich und gesund machen würde, wären Beamte das in besonderem Maße. Dem ist aber nicht so. Wer im Job gelangweilt, träge oder lustlos ist, sollte in seinen eigenen Wert investieren, sein Potenzial entfalten, um an Wert zu gewinnen. Die Frage lautet: Welchen Mehrwert liefere ich meinem Arbeitgeber? Jeder ist sich selbst die größte Sicherheit für die Erhaltung des eigenen Arbeitsplatzes.

INTERVIEW: LARS KLAASSEN