Entschädigung für ehemalige Kindersoldaten

JUSTIZ IStGH legt erstmals Prozedere fest für Reparationen für Opfer von Kriegsverbrechen

Der Treuhandfonds soll Reparationsplan vorlegen, über den das Gericht entscheidet

VON DOMINIC JOHNSON

STUTTGART taz | Erstmals hat ein internationales Gericht eine rechtsverbindliche Regelung zur Entschädigung von Opfern von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit beschlossen. Eine Berufungskammer des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in Den Haag legte am Dienstag fest, wie solche „Reparationen“ bestimmt und geleistet werden.

Konkret ging es um die Folgen des ersten Urteils, das der IStGH je gefällt hat: die Verurteilung des Kongolesen Thomas Lubanga zu 14 Jahren Haft im März 2012 wegen Rekrutierung und Einsatzes von Kindersoldaten durch die von ihm geführte Miliz UPC (Union kongolesischer Patrioten) 2002 bis 2003. Da das Statut des Gerichtshofs vorsieht, die Opfer der von ihm behandelten Verbrechen zu entschädigen und dafür einen Treuhandfonds eingerichtet hat, befand das Gericht damals, dass mögliche Reparationen vom Treuhandfonds zu klären seien. Dagegen hatten Lubanga und Opferverbände Berufung eingelegt.

Die Berufungskammer nannte nun fünf Grundsätze, die selbstverständlich klingen, aber Rechtsgeschichte schreiben: 1. Reparationen muss die verurteilte Person leisten. 2. Diese Person muss darüber informiert werden. 3. Es muss klar sein, ob individuelle und/oder kollektive Entschädigungen zu leisten sind. 4. Die zu entschädigenden Schäden müssen genannt und auf die im Urteil genannten Straftaten zurückgeführt werden. 5. Empfänger von Reparationen müssen genannt bzw. Kriterien für ihre Bestimmung formuliert werden.

Konkret heißt dies, dass Ex-Warlord Lubanga persönlich haftbar für Reparationszahlungen wäre, sollte er je wieder zu Geld kommen; der Treuhandfonds springt lediglich für ihn ein. In diesem Falle sind auch nur Opfer von Lubangas Kindersoldatenrekrutierung zu entschädigen, also die Kindersoldaten selbst, nicht aber Opfer anderer UPC-Verbrechen, die nicht Thema dieses Prozesses waren. Da 2012 kollektive Entschädigungen festgelegt wurden, geht es um die kongolesischen Gemeinden, aus denen die Kindersoldaten stammten. Innerhalb von sechs Monaten soll der Fonds einen Reparationsplan vorlegen, über den das Gericht dann befindet.

In bisherigen internationalen Gerichten wie den Jugoslawien- und Ruanda-Tribunalen sind Entschädigungen nicht vorgesehen. Beim IStGH ist das anders, aber es gab bisher kein Regelwerk dafür. Der Treuhandfonds unterstützt zwar schon seit Jahren in Kongo und Uganda Opferverbände und Herkunftsorte von Opfern der in Den Haag behandelten Verbrechen, aber nun kann er sich erstmals konkreten Entschädigungen in Folge eines Urteils widmen.