daily dope (234)
: Machtlos in der Blutbeutelstadt

ANDREAS RÜTTENAUER beobachtet bei der Antidoping-Konferenz Schulterzucken

War es eines dieser riesigen Hotels auf der Gran Via, in dem Jan Ullrich seinerzeit unter falschem Namen abgestiegen sein soll, wenn er zum Blutaustausch nach Spanien gereist ist? Madrid, Hauptstadt, Kulturstadt, Blutbeutelstadt. Wo steht das Kühlhaus für Athletenblut? Die dritte Welt-Antidoping-Konferenz findet in diesen Tagen ausgerechnet in der Stadt statt, in der einer der berühmtesten Ärzte der Welt sein Unwesen getrieben hat. Eufemiano Fuentes, der spanische Dopingdracula, ist omnipräsent im Palacio Municipal de Congressos – obwohl er nicht hier ist.

Viel hat die spanische Polizei ermittelt, 6.000 Seiten Akten soll es geben. Ein spanischer Radler hat gestanden, ein deutscher auch und ein italienischer Giro-Sieger hat immerhin zugegeben, dass er beinahe sein Blut nach der Fuentes-Methode aufgefrischt hätte. Doch was ist mit den Fußballern, die Fuentes behandelt haben soll? Warum gehören die spanischen Mittelstreckenläufer nicht mehr zur Weltspitze? Warum verschwand der Name des diesjährigen Tour-Siegers urplötzlich von Fuentes’ Kundenliste? Die obersten Doping-Bekämpfer der Welt versuchen in Madrid ihre Erfolge in hellstem Licht darzustellen und müssen doch zugeben, dass sie in einem der hässlichsten Dopingskandale nicht mehr sind als Zaungäste.

Es gibt Ahnungen. Richard Pound, Präsident der Welt-Antidoping-Agentur (Wada), ist sich sicher, so sagte er in Madrid, dass nicht nur Radfahrer in den Skandal verwickelt sind. Er will wissen, was war, und darf es nicht erfahren, weil die spanischen Justiz den Sportverbänden untersagt hat, die Ermittlungsergebnisse für ihre Verfahren zu verwenden. Richard Pound hebt die Schultern. Er ist machtlos.

Es gibt Gewissheiten. Die Anti-Doping-Kommissarin der Internationalen Radsportverbandes Anne Gripper weiß nach dem Aktenstudium, wie tief der spanische Unschuldsengel Alejandro Valverde in die Fuentes-Affäre verwickelt ist. Sie darf ihr Wissen nicht verwenden. Sie vermutet politischen Druck. Sie ist machtlos.

Es gibt Hoffnung. Jacques Rogge, Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, stand keine Minute am Rednerpult in Kongress, um sein Grußwort zu sprechen, da sagte er: „Ich respektiere die Gewaltenteilung, aber ich hoffe, dass der Fall zu einem guten Ende geführt wird.“ Auch er ist machtlos.

In Madrid will die Wada den Kampf gegen Doping stärken. Kunden des Eufemiano Fuentes muss davor nicht bange sein.