Genussvoll devot sein

STÄRKE Domina Lady Velvet Steel über problematische Männlichkeit und eine sexuell sprachlose Gesellschaft

INTERVIEW GINA BUCHER

taz: Frau Freymadl, Sie arbeiten als Domina: Wie sind Sie zu Lady Velvet Steel geworden?

Fabienne Freymadl: Wie viele andere Sexarbeiterinnen auch: Ich war jung und brauchte Geld. So meldete ich mich auf eine dieser blöden Anzeigen: „Mit Chatten unglaublich viel Geld verdienen.“ Mit Dildo vor einer Kamera rumspielen wollte ich nicht, aber sie suchten eine Domina. Unterdessen habe ich mich in einem Studio eingemietet, das ich stundenweise nutze. Denn virtueller SM war mir zu wenig: Wenn ich in SM-Rollenspielen von Strafe sprach, was sollte ich dann tun – den Chat beenden?

Warum provoziert Ihr Beruf?

Sexualität ist in unserer Gesellschaft immer noch ein Tabu – trotz der sexuellen Revolution. Sex ist zwar wahnsinnig präsent und auch der Kapitalismus bedient sich daran. Tatsächlich geredet aber, über Lustempfinden etwa, wird immer noch viel zu wenig. Aus Sicht vieler Feministinnen nutzen wir Beziehungsstrukturen aus. Weil wir Sexualität nach Bedarf anbieten, würden wir das Geschlechterverhältnis zementieren.

Was erfahren Sie über Männer?

Ich bekomme zu spüren, dass in unserer Gesellschaft die männliche Sozialisierung meistens über Stärke und emotionale Distanz funktioniert. Das hat weniger mit dem Job zu tun, sondern ist ein Genderproblem, das wir in unserer Gesellschaft geschaffen haben. Devot sein ist für viele ein Ausweg, weil man zum Genuss gezwungen wird.

Was passiert während der Arbeit mit Ihnen?

Ich ziehe tatsächlich ein großes persönliches Vergnügen daraus – wenn die Chemie stimmt. Bei blöden Sessions oder schlicht langweilige Fantasien ist das eben eine Stunde Dienstleistung, mit der ich Geld verdiene.

Sie sind auch Sprecherin des Berufsverbands erotische und sexuelle Dienstleistungen: Was zählt für Sexarbeiterinnen?

Wir brauchen mehr Rechte und Anerkennung. Um die Stigmatisierung gesellschaftlich abzubauen, brauchen wir ein politisches Signal. Etwa dass die Sondergesetze unserer Branche abgeschafft werden. Immerhin bekommen wir unterdessen in der Politik Gesprächstermine.

Was zählt für Sie persönlich?

So abgedroschen das klingt: dass wir einen Weg finden, mit unserer Umwelt im Einklang zu leben. In mir schlägt ein Hippie-Herz, ich glaube fest daran, dass wir unsere Ressourcen auf diesem Planeten sinnvoll, ohne Ausbeutung verteilen können.

Fabienne Freymadl wird als Lady Velvet Steel auf dem taz.lab 2015 Auskunft zu Ihren persönlichen und politischen Sex-Fragen geben – Anmeldung erbeten.