CDU um Wogenglättung bemüht

Weil der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) den aufmüpfigen Landkreisen entgegenkommen will, bekommt er Ärger mit seiner eigenen Partei. Die will die Basis nicht umsonst verprellt haben

Krisenstimmung in der schleswig-holsteinischen CDU: Seit am Wochenende der Landesvorsitzende und Ministerpräsident Peter Harry Carstensen einen Kompromiss beim Streit um Schülerbeförderungskosten angekündigt hat, hängt in der Partei der Haussegen schief. Carstensen reagierte auf den Beschluss des nordfriesischen Landtags, das bereits beschlossene Gesetz nicht anwenden zu wollen. Statt den Nordfriesen ein Machtwort entgegenzuschmettern, sprach Carstensen von einem möglichen Kompromiss – und das nicht einmal aus dem Landeshaus, sondern per Interview aus Indien. Gestern tagten die Gremien der CDU, um aus der Zwickmühle herauszukommen, in die ihr Chef sie geführt hatte.

Es geht um die Frage, ob Eltern 30 Prozent des Schulbustickets selbst zahlen müssen. Das hatte die große Koalition beschlossen, es gehört zum Sparprogramm, mit dem der Haushalt saniert werden soll. Das Thema bringt Eltern und Gemeinderäte auf die Barrikaden. Dennoch hatte in der CDU-Spitze und in der Landtagsfraktion Einigkeit geherrscht, die Entscheidung zu verteidigen.

„Viele Leute haben dafür gekämpft und das Kreuz gerade gemacht“, hieß es gestern aus der Fraktion. Alle seien sich einig gewesen, dass es für das Sparziel nötig sei, Prügel einzustecken. Entsprechend frustriert sind nun viele über Carstensens Rückzieher.

Dass die „Form unglücklich“ war, darüber waren die Teilnehmer der Sitzung einig. „Intensiv“ sei die Debatte gewesen, hieß es aus Teilnehmerkreisen. Carstensen habe seinen Vorstoß damit begründet, dass das Gesetz in vielen Kreisen zwar formal beschlossen war, aber unterlaufen werde: Viele Gemeinden zahlen den Eltern das Geld zurück, gespart werde so nicht. Wird das Gesetz nun gekippt, müsste in einem anderen Bereich gespart werden. Unklar war gestern bei Redaktionsschluss noch, was genau die CDU nun vorschlägt. Sie muss eine Lösung finden, ohne ihren Vorsitzenden zu beschädigen und ohne den Eindruck zu erwecken, Protest reiche aus, um Regierungsbeschlüsse zu kippen.

Eine Lage, die die Opposition freut: Der Südschleswiger Wählerverband rief gestern den Kreis Schleswig-Flensburg zum zivilen Ungehorsam auf: „Er muss dem Beispiel Nordfrieslands folgen“, erklärte der SSW-Landesvorsitzende Flemming Meyer. Grüne und FDP fordern Beratungen in der heutigen Landtagsdebatte.

Auch die Koalitionspartnerin SPD kann zufrieden sein: Deren Parteitag hatte im März gefordert, die Elternbeteiligung aus dem Gesetz zu streichen.

ESTHER GEISSLINGER