Der IS auf den Spuren der Mongolen

ARCHÄOLOGIE Die Kämpfer des „Islamischen Staats“ vernichten offenbar gezielt das historische Erbe einer der frühesten Zivilisationen der Welt. Mit Nimrud im Irak haben sie eine 3.300 Jahre alte antike Stadt zerstört

VON BEATE SEEL

BERLIN taz | Die Zerstörung kultureller Stätten, wie heute im Irak und Syrien durch den Islamischen Staat (IS), ist in der Geschichte nicht neu. Schon die Mongolen sorgten im 13. Jahrhundert bei ihrem Einzug in Bagdad für die Vernichtung des Erbes ihrer Feinde. Doch heutzutage haben Archäologen bei dem Schutz von Kulturgütern meist mit ganz anderen Problemen zu kämpfen.

Abgesehen von Grabräuberei, die schon zu pharaonischer Zeit dokumentiert wurde und bereits damals zu Gerichtsverfahren führte, erscheinen die gegenwärtigen Probleme vergleichsweise banal, obwohl auch sie antike Kulturgüter und Stätten bedrohen. Dazu gehören etwa Umweltschäden, wie bei der Sphinx im ägyptischen Gizeh zu besichtigen, Wettereinflüsse oder Verunreinigungen durch Vögel, die man am Totentempel von Ramses II. im Tal der Könige bei Luxor beobachten kann. Hinzu kommt die Bedrohung durch Baumaßnahmen, wie zum Beispiel bei der Siedlung von Bassetki aus der Bronzezeit im Nordirak. In diesem Fall gelang es deutschen Archäologen, die Erweiterung einer Straße auf sechs Spuren zu verhindern.

Im Falle des IS jedoch geht es um die gezielte Zerstörung alter Kulturen, die als Ausdruck von Götzendienst angesehen werden – wiewohl der Islam in der Antike noch nicht existierte. Am Sonntag sprach der irakische Minister für Tourismus und Altertümer, Adel Schirschab, von einem Vorfall, bei dem möglicherweise Kulturgüter zerstört wurden. Es gebe Hinweise darauf, dass die Extremisten Artefakte aus Chorsabad, 15 Kilometer nordöstlich von Mossul entwendet und die mehr als 2.000 Jahre alte Festung zerstört hätten, die auf Assyrisch Schaukin („Landfestung des Sargon“) genannt wird.

Quelle für diese Angaben ist ein kurdischer Beamter in Mossul. Dieser hatte schon die Zerstörung von Hatra gemeldet. Diese besonders gut erhaltene Festungsstadt in der nördlichen Provinz Ninive, rund 100 Kilometer südwestlich von Mossul wurde zur Zeit des Römischen Reiches errichtet und vereint orientalischen und abendländischen Stil.

Sofern es keine Videoaufnahmen gibt, sind Angaben über Zerstörungen, die zum Teil auch von Bewohnern der jeweiligen Orte gemeldet werden, nur schwer zu überprüfen.

Bereits am 5. März hatten IS-Kämpfer nach Angaben der Regierung in Bagdad damit begonnen, Nimrud zu vernichten. Diese antike Stadt wurde im 13. Jahrhundert v. d. Z. gegründet und war zeitweise Hauptstadt des Assyrischen Reiches. Angesichts der sich häufenden Zerstörungen appellierte die irakische Regierung an die von den USA geführte Anti-IS-Koalition, die archäologischen Schätze des Landes durch Luftangriffe zu schützen. (mit afp)