„Wir haben keine Sponsoren“

LESEN Das Festival „Erneuerbare Lesetage“ hat zwar keinen Gegner mehr, dafür ein neues Programm

■ 47, ist freier Journalist mit Schwerpunkt bei Wissenschaft und Sprecher des Festivals.  Foto: Mike Schröder/argus

taz: Herr Neß, von ehemals drei Gegen-Festivals zu den verblichenen Vattenfall-Lesetagen sind nur die Erneuerbaren Lesetage übrig geblieben. Wie lange wird es sie noch geben?

Oliver Neß: Alle Festivals, die in den vergangenen Jahren die Vattenfall-Lesetage mit exzellenter Kultur eskortiert haben, konnten gemeinsam erreichen, dass es dieses Greenwashing von Vattenfall nicht mehr gibt – und nach unserer dezenten Empfehlung auch nicht von RWE, die dann beim Harbourfront-Festival ausgestiegen sind. Die Erneuerbaren Lesetage sind wie die erneuerbaren Energien auf die Zukunft angelegt.

Vattenfall hat ein großes Programm geboten. Tut es Ihnen im Nachhinein leid, dass es gestorben ist?

Hamburg hat keinen Schaden dadurch erlitten. Die Vattenfall-Lesetage waren Kultur-Missbrauch, wie unser Schirmherr Jakob von Uexküll gesagt hat. Natürlich ist es wichtig, dass es ein breites Kulturangebot in einer Stadt gibt – aber nicht um jeden Preis. Die Kultursenatorin darf bei der Gestaltung des Literaturstandorts auch gern selbst kreativ sein, anstatt das allein der Atomindustrie zu überlassen.

Woher nimmt Ihr Team den Antrieb weiterzumachen, wo ihm der Gegner abhanden gekommen ist?

Die Erneuerbaren Lesetage waren eine Reaktion auf das Greenwashing der Atomindustrie in Deutschland insgesamt. Unser Ziel ist es, den Atomausstieg und die Energiewende zu beschleunigen. Dabei gibt es noch viel zu tun.

War es schwierig, AutorInnen zu gewinnen?

In den ganzen fünf Jahren war das kein Problem. Die Kapazitäten des ehrenamtlichen Teams sind aber begrenzt, sonst könnte man ohne Weiteres die doppelte Festivalzeit veranschlagen.

Gilt das auch für die Sponsorengewinnung?

Wir haben keine Sponsoren, wir haben Förderer, Mäzene. Sie engagieren sich für ein freies, unabhängiges Kulturfestival. Sie erhalten keine Gegenleistung. So ein Engagement gibt es nur in einem begrenzten Rahmen. Wir wollen nicht Vattenfall durch Coca Cola oder Siemens ersetzen. Der Etat ist also begrenzt.

Unterstützt Sie die Kulturbehörde?

Nein. Der Senat hat die Vattenfall-Lesetage massiv unterstützt, nicht nur finanziell. Deren Kulturverständnis war grundlegend anders als das der Erneuerbaren Lesetage.  INTERVIEW: KNÖ

Konzertante Lesung zu „Lesen ohne Atomstrom 2015“: 19.30 Uhr, Fabrik, Barnerstraße 36, Eintritt frei