Einmal Kaiserschnitt, bitte

VORTRAG Über Risiken bei einer Klinikgeburt wird zu wenig aufgeklärt, sagt eine Ethikerin

■ 43, ist stellvertretende Leiterin des Centrums für Bioethik an der Uni Münster.

taz: Frau Lüttenberg, Sie sprechen über ethische Fragen in der Geburtshilfe – welche?

Beate Lüttenberg: Es geht um die Entscheidungssituation zur Geburt: Wo und wie bekommt eine Frau ihr Kind.

In Deutschland zu 98 Prozent im Krankenhaus.

Da stellt sich die Frage, inwiefern eine Wahlfreiheit bezüglich des Geburtsortes gegeben ist. Mein Eindruck ist, dass die Informationslage nicht ausgeglichen ist. Das liegt auch daran, dass die meisten Schwangeren zur Vorsorge zum Arzt gehen, oft weil sie gar nicht wissen, dass dies genau so bei der Hebamme möglich ist. Die könnte aber sehr viel besser über eine Geburt zu Hause oder im Geburtshaus informieren als eine Gynäkologin, weil diese in der Regel nur die klinische Geburtshilfe kennt.

Bei einer umfassenden Aufklärung müsste man über die Risiken einer Klinikgeburt sprechen.

Wenn man von der Autonomie der Frau ausgeht, wie es mein Anliegen ist: Ja.

Aber das Krankenhaus ist gefühlt der sicherere Ort.

Da kann man die nackten Zahlen auf den Tisch legen: So ist die Mortalitätsrate bei Mutter und Kind in der außerklinischen Geburtshilfe nicht höher. Interessanterweise liegt dafür die Kaiserschnittrate bei nur sechs Prozent. Im Krankenhaus ist jede dritte Geburt ein Kaiserschnitt.

Warum ist ein Kaiserschnitt aus ethischer Sicht problematisch?

Reden muss man über die „Wunsch-Kaiserschnitte“, bei denen nicht Angst, etwa vor Schmerzen oder Kontrollverlust, die Motivation ist. Das hat dann mit dem Kernbereich der Medizin, nämlich Heilung, nichts mehr zu tun. Die Patientin ist eine Kundin, die Ärztin erbringt eine Dienstleistung. INTERVIEW: EIB

St. Joseph-Stift, 16 Uhr