Weddinger Kicker machen Zwangspause

Der Fußball-Oberligist SV Yesilyurt steht vor dem Aus. Der Club hat sein Team zurückgezogen. Warum, ist unklar. Ein Vorstandsmitglied ist nun flugs zum Konkurrenten Ankaraspor gewechselt. Doch auch dort ist einiges im Argen

34 Jahre alt ist der SV Yesilyurt. Bisher galt der türkische Club aus dem Wedding als sportlicher Aufsteiger mit sozialer Strahlkraft. Einer, der dem deutsch-türkischen Integrationsliebling Türkiyemspor aus Kreuzberg gefährlich werden könnte. 2001 heimste die „grüne Heimat“ (so die deutsche Übersetzung für Yesilyurt) überregionales Lob ein für den couragierten Auftritt im DFB-Pokal gegen den Sportclub Freiburg. Findet dieses erfreuliche Kapitel Berliner Fußball-Geschichte jetzt ein unrühmliches Ende? Es sieht alles danach aus.

„Der Verein hat uns offiziell mitgeteilt, dass er die erste Mannschaft aus der Oberliga zurückgezogen hat“, erklärt Geschäftsführer Holger Fuchs vom Nordostdeutschen Fußball-Verband (NOFV). Die für den gestrigen Sonntag angesetzte Partie gegen Schöneiche wurde abgesagt. Damit steht Aussteiger Yesilyurt vorzeitig als Absteiger fest. Die Gründe für die Abmeldung sind allerdings unklar, Schulden des Clubs könnten dabei eine Rolle spielen.

Die Konkurrenz zetert oder jauchzt – je nachdem, ob man an den bisher absolvierten 13 Spieltagen gegen Yesilyurt gewonnen oder verloren hatte. Denn die Ergebnisse der Weddinger werden in der Tabelle annulliert. Verbandsfunktionär Fuchs grummelt deswegen: „Die Spiele sollen auf dem grünen Rasen und nicht am grünen Tisch entschieden werden.“

Als Sieger könnte sich Yesilyurt-Rivale Ankaraspor fühlen. „Wir wollen einen seriösen Verein aufbauen“, verkündet Vizepräsident Volkmar Steinke, der neuerdings Metin Ilkyaz über sich hat. Der just ins Präsidentenamt gehievte Ilkyaz wird auf der Yesilyurt-Homepage als Vorstandsmitglied der „grünen Heimat“ geführt.

Zwar hat es in der Vergangenheit zwischen beiden Weddinger Clubs einen regen Spieleraustausch gegeben, so dass die Identitäten der Vereine mitunter fast zu verschwimmen drohten. Aber der aktuelle Blitztransfer auf Vorstandsebene verblüfft. „Wir wollen jetzt erst mal Ruhe in den neuen Verein bringen“, sagt Ilkyaz mit Blick auf Ankaraspor.

Die Yesilyurt-Basis reagiert wie vom Donner gerührt auf den Seitenwechsel des Vorstandsmitglieds. „Das Problem ist, dass jetzt alle zu Ankaraspor wollen“, klagt Michael Schröter, C-Jugendcoach und eine Art Pressesprecher der Verlassenen.

Die angeblich angehäuften 60.000 Euro Schulden wird Yesilyurt aber wohl so schnell nicht loswerden. Was wird aus der „grünen Heimat? „Um den Verein aufzulösen, müsste eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen werden“, betont Schröter. Nur wer sollte das tun?

Auch bei Ankaraspor ist nicht alles eitel Sonnenschein. Kritiker beschreiben die Versammlung, auf der Ilkyaz als Oberhaupt installierte wurde, als Farce. Nicht alle Mitglieder sollen eingeladen worden sein. Ankaraspor-Vize Volkmar Steinke weist den Vorwurf von Verfahrensfehlern zurück: „Es wurden jene Mitglieder nicht eingeladen, die ihre Beiträge nicht bezahlt oder von denen wir keinen Mitgliedsantrag vorliegen haben.“

Jetzt soll das Vereinsschiff also in ruhigere Gewässer gezogen werden. Vor drei Wochen drohte es noch auf Grund zu laufen: Die Mannschaft trat gegen Herthas Reserve nicht an, weil Spieler in den Streik getreten waren, um ausstehende Gelder einzufordern. JÜRGEN SCHULZ