Erste Hinweise auf Hakenkreuzritzer

Nach der Misshandlung einer 17-Jährigen durch Rechtsextreme in Sachsen melden die Ermittler kleine Erfolge

MITTWEIDA taz ■ Zwei Tage nach Bekanntwerden eines Angriffs von Neonazis auf eine Jugendliche im sächsischen Mittweida hat die Polizei die ersten konkreten Hinweise erhalten. Die beiden Tipps beträfen die veröffentlichten Phantombilder, sagte eine Polizeisprecherin am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur. Diese würden derzeit überprüft.

Drei Wochen nach der Tat läuft die Fahndung nach vier glatzköpfigen Männern, die der 17-Jährigen ein Hakenkreuz in die Hüfte geschnitten haben sollen. Sie war einer Sechsjährigen aus einer Spätaussiedlerfamilie zu Hilfe gekommen, die Rechtsextreme belästigt hatten.

Das angebliche Einritzen von Hakenkreuzen durch Neonazis wird allerdings des Öfteren vorgetäuscht – von Menschen, die damit Aufmerksamkeit auf sich erregen wollen. Auch in diesem Fall sind sich Opferberater und Experten von Anti-rechts-Initiativen nicht einig, inwiefern die Darstellung der 17-Jährigen wahrscheinlich ist. „Eigentlich entspricht das nicht dem Tatmuster rechtsextremer Gewalttäter“, sagte ein Opferberater, der nicht genannt werden will, der taz, „die schlagen normalerweise einfach zu.“ Ein Kollege erklärte dagegen, die Geschichte der Jugendlichen sei zu detailreich für eine Erfindung. Sie sei außerdem durch die Aussage der Sechsjährigen bestätigt worden.

Die Tat soll sich bereits am 3. November ereignet haben, wurde vom Opfer aber erst mit Verspätung bei den Ermittlungsbehörden gemeldet. Ein Verdächtiger wurde ermittelt – einen Haftbefehl lehnte das Amtsgericht Chemnitz jedoch ab: Der Tatverdacht sei nicht ausreichend gewesen. Bei der Durchsuchung seines Zimmers in der elterlichen Wohnung stellten die Beamten ein Abzeichen der Neonazi-Kameradschaft „Sturm 34“ sicher.

Die Vereinigung hatte Sachsens Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) im April verboten, nachdem sich zu Jahresbeginn die Übergriffe mit rechtsextremem und ausländerfeindlichem Hintergrund in Mittweida gehäuft hatten. Der mutmaßliche Rädelsführer der Kameradschaft muss sich derzeit vor dem Amtsgericht Chemnitz wegen Körperverletzung verantworten.

Mittweidas Bürgermeister Matthias Damm (CDU) reagierte geschockt auf den Vorfall in seiner Stadt. „Es ist schlimm, dass das wieder passiert ist“, sagte er. Damm hofft, dass sich nach Bekanntwerden des Vorfalls jetzt Zeugen der Tat melden. Er erwarte von ihnen die Zivilcourage, die die 17-Jährige bei ihrem Einsatz für das kleine Mädchen bewiesen habe. „Das kann man gar nicht hoch genug einschätzen.“

Laut Aussage der jungen Frau beobachteten Anwohner das Geschehen vom Balkon aus, äußerten sich bislang aber nicht als Zeugen. Bürgermeister Damm sagte: „Es ist eine Schande, wenn Menschen in einem solchen Fall wegschauen.“ DANIEL SCHULZ