Mann der Tränen

Seine Tränen sind unvergessen. Christian von Boetticher, Hoffnungsträger der schleswig-holsteinischen CDU, vergoss sie bei seiner Rücktrittserklärung, worauf ihm eine ältere Dame vom CDU-Landesvorstand ein Taschentuch reichte. „Mir geht es darum, geliebte Personen und meine Privat- und Intimsphäre zu schützen“, stammelte der Zweimetermann.

Die Frage war nur, worüber von Boetticher weinte. Über die Beziehung zu einer Minderjährigen, die er längst beendet hatte? Darüber, dass sein Privatleben „in die Medien gezogen“ worden war? Oder über das Ende seiner Karriere?

Vor seinem Rücktritt war von Boetticher Landeschef und designierter Spitzenkandidat der CDU. Danach war er nur noch Hinterbänkler, öffentliche Auftritte waren selten – bis gestern. „Eben warst du noch der, der Ministerpräsident werden sollte, und jetzt sitzt du hier mit Dreitagebart und Baseballcap in irgendeinem Mietwagen und hältst dich in Wohnungen auf, wo einen möglichst niemand suchen würde“, sagte er bei ZDF-Talker Markus Lanz.

So spricht einer, der sich schämt – und sich gleichzeitig beschwert, in diese Lage gebracht worden zu sein. Womöglich war es sein Verhängnis, dass er die Minderjährige, über die Beziehung zu der er stolpern sollte, bei Facebook kennengelernt hatte. Als es aus war, freundete sie sich ebenfalls über Facebook mit einem Mitglied der Jungen Union in Plön an, so hat es der Spiegel recherchiert. Bald war die Affäre in der Landes-CDU Gesprächsthema.

In seinen guten Zeiten hatte Boetticher viel und gerne über Facebook kommuniziert – von ihm stammten Mitteilungen wie „Christian von Boetticher Polo on the beach“ (von der Insel Sylt) oder „Christian von Boetticher präsentiert heute einen Fuligni Brunello di Montalcino 2004“ (von einer Weinverkostung). Heute finden sich von ihm nur noch verstreute Kommentare auf anderen Facebook-Seiten – sein eigenes Profil hat Christian von Boetticher gelöscht. WIE