Susie Asado The Opiates

Susie Asado und Billie Ray Martin könnten kaum unterschiedlicher sein. Die eine steht am Anfang einer womöglich großen Karriere, die andere hat schon dreieinhalb ruhmreiche Leben im Musikgeschäft hinter sich. Die eine macht handgemachte Musik, die andere benutzt elektronische Klangerzeuger. Die eine trägt Seesterne im halblangen Haar, die andere gern mal eine Perücke über dem Kurzhaarschnitt. Eins immerhin haben Susie Asado und Billie Ray Martin gemeinsam: Beide haben, auf sehr verschiedene Art, großartige Alben herausgebracht.

Susie Asado, die eigentlich Josepha Conrad heißt, hat ursprünglich als Dichterin begonnen. Lange hat sie nur geschrieben, erst ihr Bruder zerrte sie auf die Bühne, um das Duo Crazy For Jane zu gründen. Seitdem weiß sie, dass ihre Texte auch gesungen gut funktionieren, aber auch auf ihrem zweiten Solo-Album „Traffic Island“ ist noch deutlich zu hören, dass Conrad eher vom Text kommt. Die stehen im Mittelpunkt und in denen macht sich so ihre Gedanken. Darüber, was so von Damen gemeinhin erwartet wird (sich auf Fotos mit Hund abbilden zu lassen), wo genau dieses Zuhause ist (nämlich da, wo man Post auspacken und Wäsche waschen muss), und wozu eine „Tintenlumpenhand“ gut ist (sie wartet geduldig auf einen, jede Schriftstellerin sollte eine haben). Dabei wechselt die in Frankfurt und Chicago aufgewachsene Conrad fröhlich zwischen Deutsch und Englisch hin und her, ohne aber jemals die diskursive Schwere einer Band wie Ja, Panik zu entwickeln, die dasselbe Stilmittel einsetzt. Begleitet wird das mal eher verquer, mal sehr eingängig mit einer leichtfertig hin getupften Mischung aus Straßenmusik, Jazz und Chanson, die aber, vor allem wenn Asado ihre Ukulele einsetzt, auch mal wirkt, als wäre sie auf Hawaii entstanden, aber im nächsten Moment durchaus auch eine balkanische Melancholie entwickeln kann.

Billie Ray Martin, die schon immer so hieß, war einmal vor allem eine große Stimme. Die lieh sie dem britischen Acid-House-Projekt S‘Express, bevor sie mit „Your Loving Arms“ als Solistin 1995 einen Welthit landete. Das war der gebürtigen Hamburgerin aber nicht genug, also wurde sie auch noch Djane und Produzentin, eröffnete in London einen Club, zog nach Berlin, arbeitete mit DJ Hell und überredete Stephen Mallinder of Cabaret Voltaire dazu mal wieder zu singen. Weil da anscheinend noch Zeit übrig blieb, gründete sie mit dem norwegischen Produzenten Robert Solheim nun The Opiates. „Hollywood Under The Knife“, das Debütalbum des Duos, pluckert kühl dahin und findet stilsicher die Grauzone zwischen House und Minimal, ohne sich jemals der Monotonie, zu der diese Genres neigen, hinzugeben. Da ist schon Martins Stimme vor, die – wie bereits erwähnt – eine große Stimme voller Schwermut ist und deshalb eben in der Lage, jederzeit eine wundervolle Balance zu halten zwischen Abgeklärtheit und Gefühligkeit, oder, auf Englisch, Coolness und Soul. Das erinnert mal an Portishead, mal an Yazoo – und das sind ja nicht die allerschlechtesten Referenzpunkte. THOMAS WINKLER

■ Susie Asado: „Traffic Island“ (KOOKmusic/Broken Silence), Record Release am 8. 12. im Schokoladen

■ The Opiates: „Hollywood Under The Knife“ (Disco Activisto/Cargo)