Skandal war gestern

KIKA Die Quote stimmt und der Programmchef will mit einer Imagestudie nach vorne schauen

Ob Bernd das Brot nun etwas beruhigter zum Sendeschluss chillen kann? Der Erfurter Kinderkanal, den das melancholisch Kastenbrot mit den kurzen Ärmchen so unnachahmlich wie selbstironisch vertritt, will jedenfalls nach vorn schauen, ins Jahr 2012, das nur besser werden kann als die skandalgeplagten letzten 15 Monate.

Deshalb sitzt man an einem schönen Frühwintertag im gar nicht so kalten Hamburg, „wir haben ein turbulentes Jahre erlebt“, sagt Kika-Programmgeschäftsführer Steffen Kottkamp, und in der Pressemeldung stehen Sätze wie der, dass der Kika-Skandal den Sender vor die Aufgabe gestellt habe, „alles auf den Prüfstand zu stellen und konsequente Maßnahmen zu ergreifen“.

Jetzt will sich der bei den Drei- bis Dreizehnjährigen ja auch zu Recht so beliebte Skandal pardon: Kanal! – doch eigentlich gern wieder dem widmen, was seine eigentliche Aufgabe ist, nämlich Programm für ebendiese Drei- bis Dreizehnjährigen zu machen und gern auch noch über die Altersgruppe hinaus für Geschwister, Muttis und Opas und wer da alles noch so guckt. Also guckt Kottkamp „stolz auf die vielen Veränderungen, die wir gemeinsam mit unserem federführenden Sender, dem MDR und auch mit dem ZDF zusammen erarbeitet und etabliert haben“. Und weiß insgeheim, dass der Drops noch nicht gelutscht ist. Zwar sitzt der ehemalige Herstellungsleiter des Senders mittlerweile im Knast, weil er über Scheinrechnungen mit ihm gewogenen Produzenten den kleinen Kika um große Summen betrogen hat. Weil Trittbrettfahrer offenbar seine Masche nachahmten, dürfte der über Jahre angerichtete Schaden eher über zehn Millionen statt der bislang immer kolportierten acht Millionen Euro liegen. Abgezweigt aus dem gar nicht so üppigen Kika-Budget, und keiner hat’s gemerkt.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt weiter gegen die beteiligten Firmen. Gegen den Hauptscheinrechner, die Berliner Koppfilm, wurde Anfang der Woche beim Landgericht Erfurt Anklage erhoben. Der Kika, heißt es intern, habe sich von den fraglichen Dienstleistern, die neben dem Scheinrechnungsverdacht zumeist auch reale Dienstleistungen für den Kanal erbrachten, getrennt. Doch der Kika mag derlei Nachfragen nicht besonders. Zumal die Sache immer noch arg unübersichtlich ist, auch wenn andere MDR (Foth!) und ARD-Skandale (Degeto!) derzeit ein bisschen für Ablenkung sorgen. Alles das habe „viel Kraft gekostet“, schreibt Kottkamp im Vorwort zur Pressemappe. Doch jetzt gibt es zum Essen eine feine Rotwein-Cuvée mit programmatischen Namen: „Aufwind“ ist im Glas und hoffentlich auch bald mal wieder in der Kika-Presse zu spüren. Zumal der Skandal dem Image nichts anhaben konnte: Die hauseigene Zuschauerredaktion habe ganze drei kritische Zuschriften zum Betrugsfall erhalten, sagt Kottkamp. Um das zu untermauern, gibt es noch eine Imagestudie von IconKids & Youth, nach der der Kika „Lieblingssender“ der Drei- bis Dreizehnjährigen ist und die private Konkurrenz auf die Plätze verweist. Die Quote stimmt auch, „man muss befürchten, dass wir im nächsten Jahr Marktführer werden“, frotzelt Kottkamp. Und das sogar mit einer Million Euro weniger, die ARD und ZDF dem Kika wegen der Betrugskiste einfach mal gestrichen haben. STG