: Klimawandel vor der Tür
Klima-Campus Hamburg wird Zustandsbericht für die Metropolregion erstellen. Zusammenfassung des existierenden Wissens. Winter werden feuchter, Sommer trockener, höhere Temperaturen
VON GERNOT KNÖDLER
Auch wer noch so global denkt, muss lokal handeln. Eine Gruppe von ForscherInnen vom Hamburger Klima-Campus will deshalb den Klimawandel in der Metropolregion Hamburg untersuchen. Ihr Ziel ist es, bis Ende 2009 das Wissen darüber zusammenzufassen, wie sich das Klima in der Stadt und ihrer Umgebung verändert hat, mit welchen Veränderungen bis zum Ende dieses Jahrhunderts zu rechnen ist und wie sich das auf den verschiedensten Feldern auswirkt. Vorbild ist ein ähnlicher Bericht, der Anfang 2008 für die Ostsee und deren Einzugsgebiet veröffentlicht wird. Der Klima-Campus ist ein Projekt, zu dem sich unter Führung der Universität verschiedene Partner zusammengeschlossen haben und das im Rahmen der Exzellenz-Initiative des Bundes gefördert wird.
„Der Klimawandel ist real und er wird sich entfalten“, sagte Hans von Storch vom Institut für Küstenforschung der GKSS in Geesthacht. Praktiker brauchten Hilfe, um einschätzen zu können, wann und wo gehandelt werden müsse. Stadtentwicklungssenator Axel Gedaschko (CDU) nannte Beispiele: Reicht das zu Ende gehende Deicherhöhungsprogramm aus oder muss draufgesattelt werden? Muss die Bauordnung wegen zunehmender Winde geändert werden? Kommt die Kanalisation mit stärkeren Niederschlägen klar?
Dem Bericht vorgreifend, gab Storch einen Eindruck davon, was auf Hamburg zukommen könnte, wenn der Kohlendioxidausstoß nicht drastisch zurückgeht: 2030 werden die Sommer und Winter ein Grad wärmer sein als heute. Die Niederschläge werden im Winter um zehn Prozent zunehmen und im Sommer um zehn Prozent abnehmen. Sturmfluten werden am Pegel St. Pauli 20 Zentimeter höher auflaufen als heute. Aus Sicht des Küstenschutzes sei das kein Problem.
Ein dramatischeres Bild droht nach von Storch 2085: Die Temperaturen werden bis dahin um drei bis vier Grad zunehmen. Die Stürme werden um zehn Prozent stärker blasen. Die Winter werden um 30 Prozent feuchter, die Sommer um 30 Prozent trockener. Der Sturmflutpegel in St. Pauli steige um 45 bis 75 Zentimeter. In diesem Fall müssten die Deichbauer draufsatteln. Der Senat habe das beim aktuellen Deichbauprogramm bereits berücksichtigt, sagte von Storch. Die Schutzbauten aus Beton seien so ausgelegt, dass sie einen Meter erhöht werden könnten.
Dass der Klimawandel schon läuft, zeigen die Daten aus dem vergangenen Jahrhundert. Seit den 1940er Jahren ist es in Norddeutschland etwa ein Grad wärmer geworden, wie die Forscher vom Klima-Campus ermittelt haben. Besonders stark war die Erwärmung im Winter, besonders schwach im Herbst. Generell ist es feuchter geworden, besonders im Winter. Die Pflanzen blühen früher. Die Stürme haben sich nicht verändert.
Solche und ähnliche Erkenntnisse sollen in dem Zustandsbericht „Klimawandel Hamburg“ systematisch zusammengetragen und gegeneinander abgewogen werden. Der Bericht soll 2009 fertig sein und 2010 als Buch erscheinen. Er ist eines von mehreren Projekten, mit denen sich die Hamburger Forscher um den Status eines Exzellenzzentrums beworben haben.
Daneben erforschen sie mit einem weiteren Blickwinkel den Klimawandel und die Wechselwirkungen im Klimasystems. „Es gibt zum Beispiel noch kein Klimamodell, das das Ende der letzten Eiszeit beschreibt“, sagt Martin Claußen vom Institut für Meteorologie der Universität, der den Klima-Campus zusammen mit von Storch leitet. Neben der Uni und dem Zentrum für Marine und Athmosphärische Wissenschaften (ZMAW) gehören dazu das Max-Planck-Institut für Meteorologie und die GKSS.
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