Die Gesellschaftskritik
: Abschied eines Nicht-Spießers

Was sagt uns das? Das alte Zirkuspferd trabt ab, weil es weiß, dass es hier nichts mehr zu holen gibt und alle Promis schon mal da waren

Thomas Gottschalk gehört zweifelsfrei zu den intelligenteren und begabteren Machern im deutschen Fernsehen. Und weiß, wann man besser geht. Weil eine Sendung so ausgelutscht ist, dass alle Promis schon mehrfach da waren und jeder Smalltalk kleingeredet ist. Weil die Quoten schwächeln und die Kritiker nicht mehr hämisch, sondern gar nicht mehr schreiben. Weil die Wetten langweilig oder gaga werden: Brennende Teelichter mit der Zunge ausschlecken ist schließlich eher was fürs Weihnachtsspecial des Dschungelcamps als für gediegene ZDF-Abendunterhaltung.

Das, man sah es am Gesichtsausdruck, dachte auch Gottschalks Freund, der unvermeidliche Letzte-Sendung-Gast und Oberspießer Günther Jauch.

Und bei der letzten, durchaus herzlichen Umarmung der beiden wird schlagartig klar, warum einem das gelockte Zirkuspferd namens Gottschalk immer lieber war: Elite, Bildung und Dünkel sind ihm schnurz, „ich weiß, dass ich Unterhalter bin“, hat er ganz am Schluss der Sendung gesagt. Ein Spießer war der TV-Dino Gottschalk nie.

Und dann ist er ohne viel Federlesens einfach gegangen. Dafür war das letzte „Wetten, dass ..?“ schließlich eine einzige Devotionalie an den Thommy, und der ließ es sich mit dieser genial-naiven Überraschtheit gefallen, die sein Markenzeichen ist. Gottschalk wirkt immer, als sei er zufällig auf seinem eigenen Kindergeburtstag gelandet – und darüber entsprechend begeistert: Das alte Zirkuspferd, es trabt los, sobald die Musik einsetzt. Wenn dann sogar Basketball-Legende Dirk Nowitzki „mein Lieblings-Showmaster“ sagt, ist die Welt schwer in Ordnung.

Auch die Quote ging ein letztes Mal durch die Decke (14,73 Millionen Zuschauer) – und kann doch nicht darüber hinwegtäuschen, dass alle diese Menschen dem Dinosaurier-Fernsehen wieder ein Stückchen beim Aussterben zugeschaut haben. STG