Haftstrafe für Jugendklubleiter

Das Landgericht verurteilt einen 43-Jährigen zu acht Jahren Haft, weil er neun Jungen sexuell missbraucht hatte. Wegen ähnlicher Vergehen war er bereits zuvor bestraft worden – trotzdem wurde er als Jugendklubleiter eingestellt

Wegen sexuellen Missbrauchs mehrerer Jungen ist der frühere Leiter eines Jugendklubs in Velten nördlich von Berlin am Donnerstag zu acht Jahren Haft verurteilt worden. Das Landgericht Berlin verhängte gegen den einschlägig vorbestraften Sozialarbeiter zudem ein fünfjähriges Verbot, mit männlichen Kindern und Jugendlichen zu arbeiten. Der 43-Jährige wurde schuldig gesprochen, während seiner Tätigkeit als Klubleiter von April 2001 bis April 2006 sich in 21 Fällen an insgesamt neun Jungen im Alter von 11 bis 16 Jahren sexuell vergangen zu haben. Die meisten Taten beging er an seinem Neffen.

„Der Angeklagte hat eine beachtliche Aufbauarbeit geleistet. Er hat Jugendliche aus zerrütteten Familien von der Straße geholt, hat sie bei Alltagsproblemen unterstützt und ihnen den Umgang mit Computern beigebracht“, sagt der Vorsitzende Richter Lutz Lange bei der Verkündung des Urteils gegen Michael W. „Doch die Medaille hat zwei Seiten – und die andere war ganz und gar unansehnlich.“

Da der 43-jährige Berliner zunächst nur drei, später dann acht Taten gestand, mussten alle seine Opfer im Prozess aussagen. Dabei entging dem Gericht nicht die tiefe emotionale Bindung der Jugendlichen zu dem Angeklagten, der für sie „mit seiner Freundlichkeit und Autorität eine Mischung aus Vater und großer Bruder war“, so Richter Lange. „Die Zeugen offenbarten die an ihnen begangenen sexuellen Handlungen in einer Weise, die den Angeklagten schonen sollte.“

W. sei systematisch und raffiniert vorgegangen, um seiner Neigung nachzugehen. Er erfand die „SSV-Abende“ – eine Abkürzung für Sauna, Schwimmen, Video. Abende, an denen er den Jungen den Genuss von Alkohol erlaubte und ihnen Softpornos und andere Filme zugänglich machte, für die sie noch nicht alt genug waren. „Ein guter Sozialpädagoge macht das nicht“, sagte Lange. Als die Jungen dann so betrunken waren, dass W. sie zu den extra von ihm gekauften Matten bringen musste, „war der Schritt zu sexuellen Handlungen nicht weit“, so der Richter.

Besonders kreidete er dem Angeklagten an, dass dieser nicht wahrhaben will, welchen Schaden er in den Seelen der Jungen angerichtet hat. Dabei hätte er, der selbst als Zehnjähriger von einem Trainer missbraucht worden war und darunter sehr gelitten habe, es doch wissen müssen. „Die pädophile Neigung wirft Ihnen niemand vor“, sagte der Richter, „aber Ihren Umgang damit.“

Besonders pikant an dem Fall ist, dass der Angeklagte trotz einer einschlägigen Vorstrafe aus dem Jahr 1997 und noch während eines vom Gericht verhängten Verbotes, im Kinder- und Jugendbereich zu arbeiten, von der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Oberhavelland im Jugendklub „Oase“ im brandenburgischen Velten eingestellt wurde. W. sagte selbst im Prozess: „Die wussten von meiner Vorstrafe.“

Und nicht nur das. Im Jahr 2004 beschwerten sich Badegäste bei der Stadt Velten, weil ihnen auffiel, dass der Jugendklubleiter am FKK-Strand ständig seine nackten Zöglinge fotografierte. Die Beschwerde blieb für W. folgenlos. Auch als der Jugendklub im Januar 2006 vom BKA nach Beweisen für die Herstellung und Verbreitung von Kinderpornografie durchsucht wurde, suspendierte die AWO nicht den Sozialpädagogen. Vier Monate später missbrauchte W. nochmals einen Jugendlichen. Die Polizei kam ihm auf die Spur, weil Nacktaufnahmen seines Neffen im Internet standen. UTA FALCK