Stefan Osterhaus schaut sich in den Galerien von Berlin um

Vielleicht wird es noch ein paar Jahre dauern, bis E.T.A Hoffmann Edgar Allen Poe ablöst: Als universellen Wegweiser zum Unheimlichen, als unverwüstliche Allzweckwaffe in allen Schauerfragen, die nicht allein die Literatur betreffen. Auch in der Kunst lässt sich mit Hoffmann viel anfangen, und es muss nicht immer der notorische Sandmann als Referenz sein: Eine der weniger bekannten Erzählungen Hoffmanns dient dem Kurator Sebastian Strenge als Fixpunkt für die Ausstellung „Der unheimliche Gast“, und er hat Arbeiten von Philip Gröziger, Daniel Kannenberg, Maike Gräf und Gunilla Jähnichen zusammengestellt. Maike Gräfs bunte Holzskulpturen erinnern nur auf den ersten Blick an eine Spielzeugwelt: Ein Sarkophag, der sich öffnet und den Blick auf farbige Knochen freigibt; eine Dame, die der Playmobil-Welt entkommen zu sein scheint und nur aus Libido besteht – Gräf schafft einen Streichelzoo des Abscheulichen. Daniel Kannenberg betreibt dagegen eine pietätvolle Auseinandersetzung mit Voodoo. Mit Skulpturen, die Voodoo-Puppen nachempfunden sind, schafft er die Vorlagen für fotorealistische Malereien, der westafrikanische Kult dient ihm nicht als plakative Vorlage, sondern als eine Arbeitsgrundlage, die vor allem denjenigen unheimlich erscheinen dürfte, die sich unbewusst an ein monotheistisches Weltbild klammern. Nach all diesen verstörenden Dingen fällt es nicht schwer, in den Alltag zu springen: Marco Meiransi am in this weird beach … lacuma letua“ präsentiert den Künstler als Jäger und Sammler, der die Farbigkeit liebt. Lacuma letua bezeichnet die gelbe Stelle im Auge, die die höchste Konzentration an Sehnerven aufweist. Seine Arbeiten wirken vordergründig fröhlich. Aber wir haben ja schon vorher gesehen, dass sich hinter aller Farbigkeit prächtige Albträume verbergen können.

■ „Der unheimliche Gast“: Arbeiten von Philip Gröziger, Daniel Kannenberg, Maike Gräf und Gunilla Jähnichen. Galerie Susanne Albrecht, Charlottenstr. 78, Di.–Fr. 11–18 Uhr, Sa. 11–16 Uhr; Marco Meirans: „i am in this weird beach … lacuma letua“. Galerie Lena Brüning, Almstadtsr. 50, Mi-Sa 13-18 Uhr