Mit Gott am Rastplatz

„Nun los, in Gottes Namen“. Das Bischöfliche Offizialat Münster hat ein Gebetbuch speziell für Trucker herausgegeben. Der „Routenplaner. Gebete – nicht nur für Lkw-Fahrer“ will Wegbegleitung auf einsamen Fahrten sein

„Das ist ein harter Job. Sie sind lange unterwegs und nehmen ihre Sorgen mit“

Dicht gedrängt, Stoßstange an Stoßstange bäumen sich die Riesen der Straße oft kilometerlang auf der rechten Spur auf. Am Steuer harte Jungs mit Holzfällerhemd, Lederweste und Tattoo. Die Fernfahrer. So denkt man jedenfalls. Doch das Bild bröckelt. Zumindest, wenn man sich überlegt, dass sich bald auf den Beifahrersitzen oder eingeklemmt hinter der Sonnenblende ein Gebetbuch verstecken könnte.

„Routenplaner. Gebete – nicht nur für LKW-Fahrer“, heißt eben jene Textsammlung, die das Bischöfliche Münstersche Offizialat herausgegeben hat. Sie ist seit gestern im Buchhandel erhältlich ist und umfasst 139 Gebete – nicht nur von Fahrern, sondern auch von Angehörigen, einer Schulklasse oder der Frau eines Seefahrers.

Und in Gedanken an die Männer, die seinen Brei über die Straßen karren, hat sogar Kindernahrungsgott Klaus Hipp ein Gebet beigesteuert. Die Texte sind sehr unterschiedlich: Sie handeln von Ängsten, Sorgen auf der Fahrt und dem Leben unterwegs. Das Kürzeste: „Nun los, in Gottes Namen!“

Letzteres wäre Theologe Dietmar Kattinger fast ein Buchtitel wert gewesen. Der Internetbeauftragte des Bischöflichen Münsterschen Offizialats ist Initiator des Projekts. Schon im Mai hatte er zur Beteiligung aufgerufen und Faltblätter an Raststätten ausgehängt. „Das ist ein harter Job, den die machen. Die Fahrer sind lange unterwegs und nehmen ihre Sorgen mit“, sagt Kattinger.

Das Gebetbuch soll diesen Sorgen einen Ort geben. Es sei aber auch darum gegangen, eine Klientel anzusprechen, die in den Kirchen nicht allzu oft zu Gast sei: „Ich wollte deutlich machen, dass die Kirche für alle da ist, nicht nur für die Kirchengänger.“ Mit 80 Fernfahrern ist er auf seiner Raststätten-Tour ins Gespräch gekommen, die meisten haben positiv auf seine Idee mit dem Gebetbuch reagiert.

Peter Schmitz, seit 27 Jahren nebenberuflich mit dem Lkw auf der Straße, wird demnächst auf jeden Fall ein solches Buch bei sich haben. Als das bischöfliche Offizialat Münster mit der Planung eines Gebetbuches für und von Fernfahrern begann, war der 49-Jährige sofort begeistert und schickte selbst einige Texte ein.

„Das wird direkt in meiner Reisetasche verschwinden.“ Peter Schmitz ist gläubig, Katholik. Bei seinen Fahrten, so sagt er, gehen ihm viele Gedanken durch den Kopf. Schließlich sei er allein mit sich. Kontakt zu anderen gäbe es nur selten. Und so eine Fahrt – die dauert lange. Es seien Gedanken der Dankbarkeit, für eine gesunde Heimkehr, oder an Schutzengel, die ihn begleiteten. Glück oder Pech für sein Schicksal verantwortlich zu machen, liegt ihm nicht: „Ganz so einfach mache ich es mir nicht. Man kann alleine nicht alles beherrschen. Da braucht man Unterstützung.“ Die hat er jetzt.

So wie Peter Schmitz. Der weiß schon ganz genau, in welchen Momenten der Routenplaner zum Einsatz kommen könnte. Vor einigen Jahren, als er gerade auf eine Autobahn fuhr, hatte sich kurz zuvor jemand mit einem Strick an einer Autobahnbrücke das Leben genommen. „Das ist ein Bild, da denkt man schon länger drüber nach.“MAIKE WÜLLNER