Geselligkeit mit Gartentipps

NACHBARSCHAFT In Siedlergemeinschaften pflegen Eigenheimbesitzer das kollektive Ideal des freistehenden Einfamilienhauses mit Garten

Wer Hausbesitzer sein will, dabei aber auf gegenseitige Hilfe nicht verzichten will, ist in einer Siedlergemeinschaft richtig. Die meisten dieser Siedlungen stammen aus den 30er- und 50er-Jahren – damals war der Hausbau in der Regel nur möglich, weil man sich dabei gegenseitig unterstützte, und der Eintritt in eine Siedlergemeinschaft machte vieles leichter.

„Bis in die 80er-Jahre war es bei uns selbstverständlich, dass die Vereinsmitglieder sich gegenseitig beim Bauen oder Renovieren geholfen haben“, sagt Wolfgang Gasser, Vorsitzender der Kreisgruppe Celle. Heute spiele das aber keine Rolle mehr, die vielen geselligen Veranstaltungen seien inzwischen der Hauptgrund, einer Siedlergemeinschaft beizutreten. „Gerade Neuzugezogene kommen so leichter mit der Nachbarschaft in Kontakt“, sagt Gasser. Radtouren, Skatturniere, gemeinsame Ausflüge sowie Vereinsfeste erfreuen sich bei den Siedlergemeinschaften großer Beliebtheit.

Ein weiterer Grund, einen jährlichen Mitgliedbeitrag zwischen 30 und 40 Euro aufzubringen, ist das Angebot für eine kostenlose Bau-, Energie- und Gartenfachberatung. Und nicht zuletzt locken Rabatte von zehn Prozent und mehr in Baumärkten oder Fachgeschäften. „Einige Siedlergemeinschaften verleihen auch Gartengeräte wie z. B. Vertikutierer, aber die meisten Vereine machen das nicht mehr, weil solche Geräte inzwischen fast jeder selber hat“, sagt Gasser.

In der Verbandszeitschrift Familienheim und Garten stehen vor allem Tipps für die Gestaltung des Gartens. Dabei sollen die Mitglieder für ökologische Fragen sensibilisiert werden – jüngst wurde bei einer Umfrage der Umgang mit Pflanzenschutzmitteln thematisiert. „Früher war ein guter Ertrag im Nutzgarten wichtig, heute soll es schön aussehen“, sagt Gasser, der mit seinen 65 Jahren in Rente ist. Manchmal ist er auch als Vermittler gefragt: „Wenn die Bäume hoch wachsen und der Nachbar deshalb über fehlende Sonne klagt, versuche ich als Moderator zu vermitteln.“

Bei dem alle vier Jahre stattfindenden Bundeswettbewerb um die beste Kleinsiedlung Deutschlands gewann zuletzt die Siedlergemeinschaft Am Bürgerpark aus Bremerhaven zusammen mit der Siedlergemeinschaft August Woelken aus Hamburg-Jenfeld den zweiten Platz. Die Einfamilienhäuser seien auf einen modernen Energiestandard gebracht worden, die Gärten seien gepflegt, die Hilfsbereitschaft in der Nachbarschaft sei groß, zugezogene Migranten würden bei gemeinsamen Aktivitäten wie Kinderfeste oder Grünkohlwandern eingebunden – so das Urteil der Jury.

Beide Gemeinschaften wurden auch ausgezeichnet, weil sie trotz späterer Anbauten den einheitlichen Charakter ihrer Siedlungen aus der Gründerzeit bewahrt haben. „Unsere Mitglieder haben zu diesem Thema unterschiedliche Meinungen“, sagt Petra Uertz, Bundesgeschäftsführerin des Verbandes Wohneigentum, der Dachorganisation der Siedlungsgemeinschaften. Es gebe auch Siedlungen, in denen jeder Fassaden und Anbauten nach eigenem Geschmack gestalte, dabei gehe jedoch oft die Harmonie des Erscheinungsbildes verloren.  JOACHIM GÖRES