Berlin: das Maß aller Dinge

HUMBOLDTFORUM

Nach 100 Tagen im Amt wurde es langsam mal Zeit, sich auch als Kultursenator zu profilieren. Dachte sich offenbar Michael Müller und präsentierte den staunenden Abgeordneten im Kulturausschuss am Montag sein neues Konzept fürs Humboldtforum. Berlin soll sich in Berlins wichtigstem kulturpolitischem Projekt nun nicht mehr mit der Bibliotheksschau „Welt der Sprachen“ präsentieren. Sondern mit?

Nun ja, Müllers Baby trägt den smarten Namen „Welt.Stadt.Berlin“. Die Idee: zeigen, wie sich 200 Jahre Weltgeschehen in Berlin widerspiegeln, bündeln und zurück auf die Stadt wirken. Dumm klingt das keineswegs. Denn wenn man schon außereuropäische Sammlungen in der Hülle eines barocken Königsschlosses präsentiert, so könnte man mit der Berlin-Ausstellung wenigstens eine Verknüpfung schaffen zwischen dem Humboldt’schen Gedanken und der Stadt, in der sich so viele Ereignisse und Verbrechen der Weltgeschichte ereigneten.

Die Afrika-Konferenz 1884/85 als Meilenstein des Kolonialismus, die Wannsee-Konferenz 1942, bei der die Vernichtung der europäischen Juden beschlossen wurde – mit weitreichenden globalen Folgen. Solche Daten ließen sich in der Stadtmitte Berlins perfekt inszenieren und mit den Exponaten des Ethnologischen Museums verknüpfen.

Leider liest man im ersten Entwurf zu „Welt.Stadt.Berlin“ Derartiges nicht. Das Konzept feiert Berlin als „Rom der Zeitgeschichte“, als Weltstadt mit Herz für Vielfalt und Zuwanderung, als Motor kreativer Ideen. Es ist, kurz gesagt: die übliche Berlinfolklore. Die aber ist im einzigen außereuropäischen Museum der Hauptstadt deplaziert. „Völker, schaut auf diese Stadt. Und dann sind da noch ein paar Einbäume im zweiten Stock.“ Müller wäre gut beraten, dieses Konzept noch einmal überarbeiten zu lassen.NINA APIN