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: Lernen von Meister Döpfner

Wie wird man bloß Elite? Diese Frage stellen sich Studierende dieser Tage scheinbar massenhaft. Der kleine Hörsaal im Henry-Ford-Bau der Freien Universität jedenfalls ist bis auf den letzten Platz gefüllt, mehr als 300 Studenten sind herbeigeströmt. Denn an diesem Mittwochnachmittag soll der akademische Nachwuchs an der frisch gebackenen Elite-Uni erfahren, wie man trotz hohem Ölpreis, Kreditkrise und schwachem Dollar Karriere macht, Elite wird und bleibt. Das verspricht zumindest die Einladung.

Ganz große Fragen also. Antworten soll es von niemand Geringerem geben als von Mathias Döpfner persönlich, dem Vorstandsvorsitzenden der Axel Springer AG. Er thront in der Mitte des Podiums, flankiert von zwei echten Erzengeln der Branche, dem Chefredakteur und dem Geschäftsführenden Redakteur des Manager Magazins, Arno Balzer und Henrik Müller. Und was nun folgt, ist Liturgie und Litanei zugleich.

Zunächst gibt Döpfner Tipps für den karrierebewussten Studenten: Man solle doch auch mal etwas machen, was nicht immer nur einem geradlinigen Weg entspricht. Ehrenamtliches Engagement. Vielfalt in der Ausbildung. Ach ja, und praktische Erfahrungen sammeln. Vielleicht ein Praktikum, ist man angesichts von so viel Kreativität versucht zu fragen?

Es bleibt beim Katechismus der Erstsemester-Ratgeberbroschüren. Leidenschaft müsse man mitbringen, Begeisterung für seinen Weg. „Es gibt Beispiele für Aufstieg aus allen gesellschaftlichen Schichten“, weiß Döpfner.

Außer exzessivem beifälligem Nicken scheinen seine beiden Gesprächspartner zu alldem nichts beitragen zu wollen. Ganz anders hingegen eine Gruppe von ungefähr 20 Studenten in den ersten Reihen. Die klatscht und jubelt ausgiebig und lange, wenn Döpfner spricht. Der freut sich zunächst noch so sehr, dass er die anwesenden Twens mit Teenies verwechselt: „So ein herzlicher Applaus, das ist ja wie der Fanclub von Tokio Hotel.“

Doch die Freude vergeht mit der Zeit. Denn vorne wird so oft und lange applaudiert, dass er am Sprechen gehindert wird. Offensichtlich sitzt hier die Fraktion jener, die weiterhin denken, Bildung sei für alle da. Sie ist eindeutig in der Minderheit: Die Masse der Studenten hier möchte Elite sein und bleiben. Das widerspricht sich zwar: Elite ist laut Duden die „Auswahl der Besten“ und hat somit mit Masse nicht viel gemein – aber derart sprachwissenschaftliche Spitzfindigkeiten sollen im zweiten Semester BWL nicht weiter stören.

Als einer der Beifallklatscher dann auch noch eine Frage stellen will, schneidet ihm Balzer das Wort ab. Mit Erfolg: Diesmal jubelt wirklich der ganze Saal – die antielitäre Minderheit, weil es ihre Taktik für diesen Nachmittag ist, und die elitäre Masse, weil das das Erste an dem Vortragsgeschehen ist, was sie wirklich zu begeistern scheint.

Was den Studierenden dann noch auf der Seele brennt, ist die Frage nach dem „geradlinigen“ Lebenslauf. Und, ob der Auslandsaufenthalt in Südafrika bei den Straßenkindern heutzutage noch was Besonderes sei oder nicht. Experte Döpfner redet wieder von Leidenschaft und Willen. Eine Studentin will von ihm wissen, ob denn die Frage, wie man sich all dies finanzieren soll, auch etwas zähle? Döpfner, ganz originell: Was zählt, sei der Wille. Man ist versucht, ihn daran zu erinnern, dass er die Leidenschaft noch einmal erwähnen sollte.

Viel hat man an diesem Nachmittag nicht erfahren darüber, was jetzt der hohe Ölpreis, die Kreditkrise und der schwache Dollar mit den gewünschten Softskills für zukünftige Topmanager zu tun haben sollen. Doch der 20-jährigen BWL-Studentin Claudia hat die ganze Veranstaltung „ganz gut gefallen“. Sie ist hier, um der Vortrags-Besuchs-Pflicht eines Praxismoduls ihres Studiums nachzukommen. Und auch Mario und Peter aus der Jubel-Randalierer-Fraktion sind happy: Sie haben „polarisieren“ wollen, und das sei gelungen. Sie wollten ja auch von Anfang an nicht erfahren, wie man Elite wird. REGINA FINSTERHÖLZL