Alle zusammen und ohne Auto

Die Baugemeinschaft „Autofreies Wohnen Saar II“ will gute Nachbarschaft ohne Abgas-Mief. Gestern kam es zum ersten Spatenstich. Ein ähnliches Projekt am Ohlsdorfer Friedhof feierte kürzlich Richtfest

VON MAIKE WÜLLNER

Die autofreie Siedlung Saarlandstraße wird erweitert. Gestern ist mit dem Bau von vier weiteren Häusern mit 53 Wohnungen begonnen worden. Voraussichtlich im Frühjahr 2009 wollen die Mitglieder der Baugemeinschaft „Autofreies Wohnen Saar II“ hier einziehen. Die Gruppe hatte sich 2002 gegründet und die Baugenossenschaft Flugwog-Nordmark als Bauherren für ihr Projekt gewinnen können.

Wer hier wohnen will, muss sich vertraglich zu einem Leben ohne Auto verpflichten. Dafür verringert die Stadt die Auflage, 0,8 Parkplätze pro Wohnung zu bauen auf 0,2. „Die beiden wichtigsten Ansatzpunkte für uns sind das autofreie und das nachbarschaftliche Wohnen“, sagt Marina Pohlmann, Sprecherin der Mietergesellschaft Saar II.

Weniger Parkplätze bedeuten mehr Platz. So kann der Bereich um die Häuser zu einem Aufenthaltsort für alle Mieter werden. Zusätzlich wird es einen Gemeinschaftsraum und eine Dachterrasse geben. Wenn das Fahrrad mal nicht ausreicht, sind Busse, Mietwagen und die U3 nicht weit entfernt.

Dass das autofreie Wohnen funktioniert, beweist der schon existierende Teil der autofreien Siedlung. In den vergangenen sieben Jahren wurden zwischen Osterbekkanal und Barmbeker Stichkanal auf demselben Grundstück weiter südlich schon zwei Wohnkomplexe gebaut und bezogen. In einer weiteren autofreien Siedlung Am Kornweg am Ohlsdorfer Friedhof ist der Einzug absehbar. Für die Mietshäuser sei bereits Richtfest gefeiert worden, so Sabine Drieschner von „Autofreies Wohnen am Kornweg“. Bei den Eigentumswohnungen seien schon die ersten beiden Stockwerke zu sehen.

Das Projekt Saar II ist für die Baugenossenschaft Fluwog kein völliges Neuland. „Der Gedanke mit einer Baugemeinschaft zusammenzuarbeiten und diese an der Planung zu beteiligen, ist sowieso Praxis bei uns“, sagt Fluwog-Vorstand Burkhard Pawils. Mieter und Genossenschaft tüftelten schon früh gemeinsam aus, wie die Wohnungen geschnitten werden oder wer in welche Etage zieht. Die Autofreiheit ist auch für die Fluwog attraktiv. „Wir tragen zu einem ökologischen Gedanken bei und als Bauherr hat man zusätzlich den Vorteil, weil man keine Tiefgaragen bauen muss, die nicht ertragreich sind“, sagt Vorstand Pawils.

„Ökologisch“ meint dabei aber nicht nur die gute Luft ohne CO2 und Stickoxide, sondern auch den energetischen Standard der Häuser. Sie werden alle mit einer Wärmerückgewinnung ausgestattet.

Wie im ersten Bauabschnitt hat „Leben mit Behinderungen Hamburg“ einige Wohnungen reserviert. „Menschen mit Behinderung leben hier in einer überschaubaren Nachbarschaft und zugewandter Atmosphäre“, sagt Martin Eckert, Geschäftsführer des Elternvereins der Einrichtung. „Denn wenn sich jemand Gedanken über ein autofreies Leben macht, dann sind auch die Voraussetzungen gegeben, mit Behinderten als Nachbarn umgehen zu können.“