Oh, wie grün ist die Raumfahrt

ÖKO Raumfahrt war bisher kein Thema für die Grünen. Nun luden sie sich den OHB-Juniorchef Marco Fuchs auf ein Podium und entdeckten die grünen Potentiale dieses militärisch-industriellen Komplexes

„Grüner als andere Industrien“ sei die Raumfahrtforschung, sagt Hermann Kuhn.

Bisher, so bekannte der im Mai neu gewählte Bürgerschaftsabgeordnete Ralf Saxe, sei von den Grünen wenig zum Thema Raumfahrt zu hören gewesen. Also lud er sich Leute ein, die sich damit auskennen: „Wir grün kann Raumfahrt sein?“ hieß die Veranstaltung, die dabei herauskam. Zu Gast war Marco Fuchs, Junior-Chef der Bremer OHB-Gruppe.

Für die Grünen saß da auch und vor allem Hermann Kuhn vorn, der alte erfahrene Abgeordnete und neue Landesvorsitzende der Partei. Er wird in dieser Woche im „Ausschuss der Regionen“ der EU über ein „europäisches Raumfahrtkonzept“ als Berichterstatter reden. „Grüner als andere“ Industrien sei die Raumfahrt, das ist für Kuhn klar. Klar ist auch, dass die Raumfahrtforschung „hohen gesellschaftlichen Nutzen haben kann“. Dass die Technik sowohl zivil wie militärisch genutzt werden kann, „darüber muss man reden“. Die EU sollte, so heißt es in seinem offiziellen Bericht, „die Exploration des Weltraums als eine globale und friedliche Herausforderung der Menschheit“ betreiben.

Marco Fuchs, Sohn des Firmengründers Manfred Fuchs, konnte da nicht widersprechen. Die Spezialität seiner Firma OHB ist der Bau von preiswerten kleinen Satelliten, die vor allem von oben auf die Erde schauen. OHB hat nie auf die teure bemannte Raumfahrt gesetzt.

„Raumfahrt kann grün sein, muss aber nicht“, räumte der Chef der Firmengruppe mit einem 300-Millionen-Umsatz unumwunden ein. OHB hat auch die Satelliten geliefert, die für die Bundeswehr von oben auf Afghanistan schauen – zur Vorbereitung dortiger Einsätze. Das System Galileo, für das OHB die ersten 14 Satelliten baut, sei von der rot-grünen Koalition beschlossen worden, berichtet Fuchs – und zwar nachdem „die Deutschen“ 1999 Belgrad bombardiert und die chinesische Botschaft getroffen hätten. Quasi blind hätten die europäischen Militärs die von den USA vorgegebenen Zielkoordinaten ins Visier genommen. Mit Galileo könnte Europa unabhängig von dem – von den USA kontrollierten – System GPS werden. Ähnlich die so genannte SAR-Lupe: Ein von OHB für die Bundeswehr konstruiertes Radaratellitensystem, dass unabhängig von Wetter und Tageszeit hochauflösende Bilder von jedem Punkt der Erde liefern kann.

Für den Fuchs stand außer Zweifel, dass allen voran die Franzosen dies auch militärisch nutzen werden. Als Satellitenbauer habe man wenig Einfluss darauf, was die Käufer machen, erklärte Fuchs. Klar sei, dass dies „nicht nur ökologisch korrekte“ Dinge sein werden.

Das sah der Bürgerschaftsabgeordnete Kuhn genauso: Die Art der Nutzung sei „nicht die Frage der Ingenieure“, meinte er. Um so wichtiger – auch angesichts der staatlichen Förderung – sei die „positive politische Begleitung“ der Raumfahrt-Projekte. Kaum mehr als ein Dutzend Interessierte waren von dem Titel angelockt, von der angekündigten „öffentlichen Diskussion“ konnte so wenig die Rede sein wie von einer Kontroverse. kawe