„Das ist ein Fehlgriff“

STEFAN HENSEL, 28, Vorsitzender des Jugendforums der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, studiert Sozialwissenschaften und lebt in Hamburg.

taz: Herr Hensel, was haben Sie gegen Palästinensertücher?

Stefan Hensel: Unserer Meinung nach ist das ein historischer Fehlgriff von Leuten, die sich als links verstehen. Wie kann es sein, dass die Enkel der Mörder Ende der 70er, Anfang der 80er das Palituch für sich entdeckten?

Weil die Palästinenser als Unterdrückte galten.

Dennoch denken wir, dass es ein historischer Fehlgriff ist. Damit hat sich die so genannte linke Bewegung keinen Gefallen getan.

Aber was haben Sie dagegen, wenn die Tücher von Modelabels vertrieben werden? Das Verschwinden der politischen Bedeutung müsste Ihnen doch recht sein.

Dadurch, dass es inflationär auftaucht, wird der Bedeutungscharakter herabgesetzt. Auf der anderen Seite sehen wir auch, dass, wenn es um Israel und den Nahost-Konflikt geht, alle Leute eine Meinung haben, ohne viel zu wissen.

Man muss nicht antiisraelisch sein, um Kritik an der Besatzungspolitik zu üben.

Es geht nicht um Kritik. Es gibt einen Trip, der sich quer durch die Gesellschaft zieht, der Israel und das jüdische Leben ablehnt. Gleichzeitig sehen wir, dass auf einmal alle ein Palituch tragen. Ich komme gerade von einer Veranstaltung in einer Schule wieder, und die Mädchen da hatten fast alle so ein Tuch.

Aber die meinen das nicht politisch, oder?

Wenn man die fragt, sagen sie, „das finden wir superschön“. Dann sage ich, ich finde Hahnentritt schön, weil ich Coco Chanel schön finde. Und wenn man sagt, das hat doch auch eine Bedeutung, sagen die, eigentlich meinen wir das aber gar nicht.

Dann ist das Thema doch erledigt.

Nein, denn es steht es ja doch für etwas. Ich finde das in gewisser Weise eine Geschmacklosigkeit, wenn man das als Mode neu auflegt. Inzwischen gibt es auch eine israelische Kufiya mit Davidstern drauf, das ist auch ein Modeaccessoire.

Sie haben angeboten, Palitücher gegen politisch korrekte American-Apparel-Schals zu tauschen. Wie viele haben Sie davon auf Lager?

Wir haben nicht gesagt, dass wir die tauschen. Wir verlosen sie. Und wir haben davon zehn Stück. INTERVIEW: WIE