Fleischlieferant attackiert Gewerkschaft

Im bislang unbestätigten Gammelfleischverdacht schlägt der beschuldigte Lieferant Heidemarkt zurück, beschuldigt die Gewerkschaft und droht mit Schadenersatzklagen. Eine Klärung ist erst in der kommenden Woche in Sicht

Es ist ein waschechtes Hauen und Stechen: Nachdem am Mittwoch erstmals Vorwürfe laut wurden, der niedersächsische Fleischlieferant Heidemark habe verdorbenes Putenfleisch aus Polen verarbeitet, bezeichnete das Unternehmen diese im Internet postwendend als „Machenschaften“ der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Diese wiederum wehrte sich prompt: „Das mit dem Racheakt ist Quatsch“, sagte NGG-Sprecherin Karin Vladimirov. Und der Vorsitzende der Gewerkschaft, Franz-Josef Möllenberg, legt nach: „Im Fall Heidemark sollten nicht Ursache und Wirkung verwechselt werden. Man versucht, vom Thema abzulenken. Unser Rat: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.“

Hintergrund des Zanks ist der Abbau von 230 Arbeitsplätzen. Heidemark verlegte im Juli 2007 Produktionsteile vom Standort Alhorn ins Stammwerk Garrel (beides Landkreis Oldenburg). Die Umstrukturierung bedingte Personalabbau, der derzeit vor dem Arbeitsgericht Oldenburg verhandelt wird.

Laut NGG-Sprecherin Vladimirov muss Heidemark die Begründung für den Abbau vor dem Gericht noch konkretisieren. Heidemark indes unterstellt der Gewerkschaft, die Gammelfleischanschuldigungen sollten von deren drohender Prozessniederlage ablenken. Auf der Internetseite des Unternehmens heißt es: „Hintergrund der aktuellen Vorwürfe sind Machenschaften der Gewerkschaft Nahrung, Genuss und Gaststätten, die im Zusammenhang mit den absehbar zugunsten Heidemarks ausgehenden arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen ihre Felle schwimmen sieht. Nur vor diesem Hintergrund ist erklärlich, dass die Vorwürfe erst ein halbes Jahr später an die Medien getragen werden.“

Heidemark prüft laut Unternehmenssprecher Hartmut Hanelt rechtliche Schritte „gegen alle, die an den Anschuldigungen teilhatten“. Es sei bereits erheblicher Schaden entstanden, da Kunden Ware abbestellt hätten. Die genaue Schadenshöhe ist noch unbekannt. Drei ehemalige Mitarbeiter der Firma hatten mit eidesstattlichen Versicherungen die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ausgelöst.

Auch die Handelskette Metro, die nach Bekanntwerden des Verdachts sofort alle Heidemark-Produkte aus den Regalen entfernen ließ, hat die Höhe der Ausfälle noch nicht berechnet. Metro-Sprecher Martin Brüning sagte gestern, die Räumaktion sei keine Vorverurteilung. Man habe in den vergangenen Jahren bei Heidemark-Produkten nie Qualitätsprobleme gehabt. Und sobald die Vorwürfe ausgeräumt seien, nehme man die Produkte wieder in die Regale. Brüning erwartet, dass Heidemarks Ruf auch dann angeschlagen bleibt, wenn die Staatsanwaltschaft Oldenburg die Anschuldigungen entkräften sollte. „So etwas bleibt lange im Käufergedächtnis. Das kriegen sie nicht so schnell raus.“ GRIT BEECKEN