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Nikolaus im Bauch

Vielleicht Käse?

Eigentlich habe ich einen zähen Magen. Aber am Ende des Nikolaustags rumorte es in mir. Alles fing nachmittags an. Man hatte mich zu einem Empfang des Berliner Diplomatenclubs ins Rote Rathaus geschickt. An der Garderobe junge Frauen in Engelskostümen, einige Kinder und Eltern verloren sich im großen Saal und warteten auf den Chor des Auswärtigen Amtes. Eine Frau von der Planitz kündigte für den Nikolaus „Kultursenator“ André Schmitz Verspätung an. Schon sangen die Diplomaten „Lasst uns froh und munter sein“. Schnell kam ich mir vor wie ein Penner, der sich in eine Charlottenburger Villa verirrt hat. Dagegen hilft nur Kuchen essen. Nach drei Stück Stollen, zwei Lebkuchenherzen und zwei Dominosteinen, die ich mit vier Tassen Kaffee runterspülte, aß ich eine Apfelsine. Als Schmitz endlich auftrat, sagte er: „Gibt’s hier keinen Schnaps für den Nikolaus?“, und gab einem Kind aus „dem schönen Libanon“ ein Geschenk.

Ich musste weiter ins Barcomis, wo ich mit einer lieben Exredakteurin einen weiteren leckeren Kuchen mit Obst aß, zunächst einen Tee trank und dann wieder Kaffee. Wir diskutierten, ob Wurst oder Käse leckerer sei.

Zu Hause hatte ich schon wieder Hunger, trank Tee und Bier. Dann muss ich einen Fehler gemacht haben. Ich machte mir eine große Pfanne Bratkartoffeln und dachte noch: Du isst einfach nur zwei Eier, dann kann dir nichts passieren. Dann noch eine Apfelsine, ganz wenig Lakritz und drei Tassen Tee. Das Liegen vorm Fernseher muss dann meinem Magen nicht bekommen sein. Das Bier schmeckte nicht mehr, ich versuchte meine Innereien mit einer Banane und ein paar Salzstangen runterzukochen. Weihnachten muss ich irgendwas anderes essen. Vielleicht Käse. ANDREAS BECKER

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