LISTE GESUCHT
: Mützen ja, Zettel nein

Bei Zetteln sieht’s schlecht aus. Außer Behördenschreiben

Im Lauf der Jahre habe ich ein paar Zettel angesammelt, voll mit Buchtiteln, handgeschrieben. Bücher, in die ich irgendwann mal reingucken will. Aber jetzt find ich die Zettel nicht mehr. Ich gebe zu, oft schiebe ich einen Gegenstand zwischen Hand, Rucksack und Hosentasche hin und her oder lege ihn sonst wo ab. Habe erst in Hosen und Beuteln nach den Buchzetteln gekramt und sie nicht gefunden, dann in Bibliotheken nachgefragt. Da nehm ich die DIN-A4-Zettel manchmal mit und lauf mit Büchern, Zeitschriften, CDs, Zetteln, Mappen und interessanten Info-Broschüren rum zwischen Recherche-Terminals und Regalen. Logisch, dass man da was verlieren kann.

In der AGB haben sie meine Frage nach den Zetteln ernst genommen. Eine Mitarbeiterin guckte in die Mappe, in die sie schreiben, was sie so finden. „Mütze“ steht da, glaub ich, besonders oft. Aber „Zettel mit Buchtiteln“ nicht. Wieder zu Hause, rief ich Bibliotheken in Neukölln und Wedding an, in denen ich oft bin. Die Antworten der Mitarbeiterinnen: Bei Zetteln sieht’s schlecht aus. Es sei denn, es sind Behördenschreiben. Aber handschriftlich … Die landen wohl schnell im Müll. Ich war etwas erschrocken.

Okay, es ging nur um meine Zettel mit Buchtiteln. Aber ich glaubte, eine gewisse Geringschätzung rauszuhören à la: Was sind handgeschriebene Zettel gegenüber Mützen, Brillen und Behördenschreiben. Klar, vermutlich finden die in so einer Bibliothek jeden Abend Zettel über Zettel mit Signaturen und Einkaufslisten. Aber was ist, wenn da mal was Wichtiges bei ist, die spektakuläre Physikformel eines zerstreuten Professors oder die Ideen eines genialen Schriftstellers? Kennen ausgerechnet diese Bibliotheksleute nicht die Macht des geschriebenen Wortes? Ich war ernüchtert und legte das Telefon auf den Schreibtisch zwischen ein paar alte Papierstapel.GIUSEPPE PITRONACI