LONG PLAYING RECORD * Jukebox - Der musikalische Aszendent

Lächeln schenken – zweiter Vorschlag zur Güte

Es gibt Musik, die fängt einen sofort ein. Selbst wenn man wollte, es gibt kein Entkommen. Stimmungen werden beim Hören quasi automatisch produziert, und hören muss man wieder und wieder. Das Debutalbum des ukrainischen Duos 5’NIZZA (gesprochen: Pjatniza, russ. für: Freitag) hat genau diesen Effekt. Kein Wunder also, dass die Band seit der ersten Veröffentlichung in 2003, die noch mit selbst gezeichneten Covern (Kunststudenten!) auf den russischen und ukrainischen Bootleg-Märkten feilgeboten wurde, einen sensationellen Aufstieg in die Oberliga russischsprachiger Musik erlebten. Überhaupt dürften die für russische Verhältnisse eher typische Art der Popularisierung von Musik und ihr Vertrieb recht lehrreich für westeuropäische MusikerInnen sein. Geld und Ruhm werden nicht über fette Plattenverträge oder hübsch-hässliche Myspace-Seiten, sondern über Mund-zu-Mund-Propaganda und vor allem permanente Bühnenpräsenz erreicht. Dafür ist natürlich eine gewisse Beherrschung der Instrumente und grundständige Eignung, sich dem Publikum direkt und ohne Großbildleinwände zu stellen, nötig. Beides haben Sergej Babkin und Andrej Saporoschez im Überfluss zu bieten. Irgendwo zwischen Reggae und Hiphop fließen Melodien überirdischer Schönheit und Poesie in einen Sound gehüllt, der eine schier unglaubliche Fülle hat. Unglaublich deshalb, weil tatsächlich immer nur eine akustische Gitarre zu hören ist, absolut perfekt gespielt und gleichzeitig mit einer Beatbox begleitet von Babkin, der natürlich auch die Zweitstimmen singt. Das Ergebnis ist eine Musik, die fern jeden Gefasels von russischer Seele eine Harmonie und Ausgelassenheit vermittelt, die geradezu reinigend auf ein wintergetrübtes Gemüt wirken muss. Die vielleicht herausragendste gesangliche Leistung Saporoschez’ jedoch fehlt leider auf der später produzierten offiziellen Version des Albums („Pjatnitca“, erhältlich bei Datscha-Projekt). Es handelt sich um ein Cover des Klassikers Jammin’, bei dem man schon bedauert, dass dieser Bob Marley nicht auch hat so großartig singen können. DANIÉL KRETSCHMAR