Der Geheimdienstbesieger

Am Ende hat er doch noch gegen den Verfassungsschutz gewonnen. Fast 40 Jahre lang wurde Rolf Gössner – Rechtsanwalt, Bürgerrechtler, Publizist und stellvertretender Verfassungsrichter in Bremen – vom Inlandsgeheimdienst ausgespäht. Völlig zu Unrecht. Das hat jetzt das Düsseldorfer Verwaltungsgericht festgestellt, am Ende eines dreieinhalbjährigen Prozesses.

Ganz überraschend kam das Urteil nicht mehr: Zu Beginn des Jahres haben bereits die Kölner Verwaltungsrichter entschieden, dass Gössners Überwachung unverhältnismäßig und grundrechtswidrig war. Gössner, 63, hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz verklagt, weil es ihn von seit 1970 ständig beobachtete. Damals studierte er in Freiburg, firmierte auf einer Liste des Sozialdemokratischen Hochschulbundes – ohne Mitglied der SPD-nahen Vereinigung oder einer Partei zu sein. Gerade das fand der Verfassungsschutz besonders auffällig. Er habe „seine Glaubwürdigkeit zu wahren versucht“, indem er gerade nicht Mitglied einer „extremistischen Partei“ wurde, so das Argument.

In den 90er-Jahren beriet Gössner die niedersächsische Grünen-Fraktion, parallel dazu promovierte er in Bremen über die „Politische Justiz im präventiven Sicherheitsstaat“. 2007 wurde er zum stellvertretenden Richter am Landesverfassungsgericht gewählt, für die Linkspartei sitzt der Parteilose in der Innendeputation des Parlaments. Und immer war der Geheimdienst dabei, bis 2008. Gut 2.000 Seiten kamen so zusammen.

Die Düsseldorfer Richter haben nun die Datenspeicherung und -verarbeitung des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes im Fall Gössner für rechtswidrig erklärt. Weil auch dem Geheimdienst gar nicht klar war, ob Gössner nun selbst überhaupt verdächtig war – oder aber gar keine „verfassungsfeindlichen Bestrebungen“ verfolgte, mithin ein „undoloses Objekt“, wie Verfassungsschützer das nennen. Zwar wurde er gerade nicht als Teil einer „linksextremistischen Bestrebung“ gehandelt, aber als irgendwie „belastete Person“ galt er doch. MNZ