GNADENLOSER POPULIST

Wenn der bekannteste Politiker eines Landes nach langen Jahren stürzt, könnte er sich durch einen staatsmännischen Abgang selbst bei parteipolitischen Gegnern in positiver Erinnerung halten. Christoph Blocher, 67, nutzte diese Chance nicht. Er bewies mit seiner Parlamentsrede nach seiner Abwahl als Schweizer Justizminister, dass er nicht nur ein schlechter Demokrat, sondern auch ein ganz schlechter Verlierer ist. Wie zur Bestätigung all der Gründe, die die parteiübergreifende Allianz zu seiner Abwahl zusammengebracht hatten, kündigte er prompt eine „Totalopposition“ an.

Die vier Jahre seit seiner Wahl waren gekennzeichnet vom Personenkult um den Milliardär und dem von ihm ständig wiederholten Mantra, ohne ihn werde die Schweiz untergehen. Legendär sind seine Verächtlichmachung Andersdenkender, seine Respektlosigkeit vor den politischen Institutionen der Schweiz sowie seine ständige Missachtung des Kollegialprinzips im Bundesrat.

Ohne all diese negativen Eigenschaften hätten allein die zahlreichen Meinungsunterschiede in politischen Sachfragen, die Abgeordnete nicht nur aller anderen Parteien, sondern selbst so manche in der SVP mit Blocher haben, wohl kaum zu seiner Abwahl gereicht. Am meisten gewurmt hat viele Abgeordnete die Doppelrolle, die Blocher gespielt hat: als Mitglied der Regierungsexekutive in einem wichtigen Ressort und zugleich als Volkstribun, der die vermeintlichen „Interessen des Volkes“ gegen Regierung und Parlament artikulierte. Zumindest diese Doppelrolle wird Blocher in den nächsten vier Jahren nicht mehr spielen können.

Blocher wurde am 11. Oktober 1940 als siebtes von elf Kindern im Kanton Zürich geboren. Der ehrgeizige Jurist trat mit 29 Jahren in die Rechtsabteilung der Emser Werke ein, drei Jahre später war er Direktionsvorsitzender und Verwaltungsratsdelegierter. Nach dem Tod des Firmeninhabers Oswald übernahm Blocher 1983 das Unternehmen mit einem 20-Millionen-Franken-Kredit. Immer wieder wurde ihm vorgeworfen, mit gezinkten Karten gespielt zu haben. Aber das Unternehmen florierte. Blocher übergab seine 73-Prozent-Beteiligung an der Ems-Chemie-Gruppe am 31. Dezember 2003, dem Tag vor seinem Amtsantritt, an seine Kinder. Das Familienvermögen wird auf drei bis vier Milliarden Franken geschätzt. AZU, AP