HERMANN-JOSEF TENHAGEN HAUSHALTSGELD
: Schnäppchendiskurs im Taxi

In der Türkei kann man seinen Wehrdienst in nur 22 Tagen leisten. Kosten: 5.200 Euro. Schnell noch hin

Ein bisschen übergewichtig war er, und einen Bandscheibenvorfall hatte er nach eigener Aussage auch schon hinter sich. Darauf wurde bei den Tagesmärschen leider keine Rücksicht genommen. „Das Marschieren hat mich ziemlich an den Rand gebracht.“ 22 Tage Wehrdienst habe er bei seinem ersten Türkeiaufenthalt seit langem in Antalya abgeleistet, erklärte mein Taxifahrer, und dort den Umgang mit einem deutschen Maschinengewehr gelernt. „Es war deutsch, auch wenn der eine Hebel linksrum zu bedienen war statt rechtsrum.“

Ich spreche normalerweise nicht mit Taxifahrern über Maschinengewehre, zumindest nicht in Deutschland, nicht im Rheinland. Auch dass ich selbst Zivildienst geleistet habe, hatte ich dem Neusser Droschkenkutscher nicht erzählt.

Startpunkt war mein Bericht über den Kauf von Armani-Unterhosen für 2,50 Euro das Stück – im Basar von Istanbul, vielleicht erinnern Sie sich. Darauf der Taxifahrer, nennen wir ihn Mesut, sogleich: „Viel zu teuer, 2,50 türkische Lira hätten es auch getan.“ Dafür habe er seine Armanis in Antalya erworben. Von dort ging der niederrheinische Diskurs über die Textilindustrie in Istanbul, türkische Angebote für teure Uhren bis zu den nachgebauten Maschinengewehren und zu Mesuts sehr orientalischer Variante von Wehrdienst.

Mein Taxifahrer hatte sich vorm türkischen Militär gedrückt und jahrzehntelang die Türkei nicht besucht. Und dann ein Sonderangebot wahrgenommen: Schnell für 5.200 Euro in bar den Wehrdienst in nur 22 Tagen ableisten. Er sei bei dem Deal nicht allein gewesen, auch nicht der Älteste: „Der war 52.“ Demnächst solle das über 12.000 Euro kosten.

Auf dem Rückweg nach Berlin dann dämmerte mir erst, dass man wirtschaftlich gesprochen überhaupt nicht genug Hochachtung vor dieser türkischen Wehrpflichtvariante haben kann. Mesut war erleichtert – und die Türkei verbuchte die Einnahmen.

Wie viel ungeschickter stellen sich doch die Griechen an. Der neue Rüstungsexportbericht der Bundesregierung zeigt es. Der deutsche Rüstungsexport habe sich 2010 auf 2,1 Milliarden Euro verdoppelt, wichtig waren Exporte nach Griechenland für über 400 Millionen Euro. Griechenland verpulvert Millionen in Deutschland, um sich vor der Türkei zu schützen, die Türkei verdient Geld, in dem sie sich vor Griechenland schützt. Ein Schnäppchen!

Der Autor ist Chefredakteur von Finanztest Foto: Karsten Thielker