„Wie ein Vermächtnis“

VORSORGE Der Bestattungsfachwirt Wolfgang Litzenroth weiß, dass viele Menschen nicht gern über den Tod sprechen. Trotzdem empfiehlt er, eine Versicherung fürs Sterbegeld oder einen Bestattungs-Vorsorgevertrag abzuschließen

■ 57, Diplom-Betriebswirt mit Qualifikation zum Bestattungsfachwirt, führt seit 23 Jahren das Großhamburger Bestattungsinstitut (GBI). Zudem ist er Initiator des Vereins für Grabmal- und Trauerkultur „Quo Vadis e. V.“, der seit zehn Jahren eine Alternative zur anonymen Bestattung anbietet, indem er Gemeinschaftsgrabstätten mit Gedenktafeln versieht.

INTERVIEW VANESSA RANFT

taz: Herr Litzenroth, warum sollte man für die eigene Bestattung vorsorgen?

Wolfgang Litzenroth: Weil es wichtig ist, dass Eltern und Kinder miteinander darüber sprechen, wie die Bestattung ablaufen soll. Das ist ein schwerer Weg, diese innere Barriere zu überschreiten und sich mit der eigenen Endlichkeit oder der eines Menschen, den man liebt, auseinanderzusetzen. Aber es zu tun bedeutet, dass man die Trauernden in der späteren, emotionalen Situation entlastet und ihnen Zeit gibt, sich ihrer Trauer hinzugeben.

Welche Vorsorgemodelle gibt es?

Unser Institut bietet im Wesentlichen den sogenannten Bestattungs-Vorsorgevertrag an. Da schreiben Sie en détail auf, wie eine Bestattung ablaufen soll. Sie können also zum Beispiel den Friedhof festlegen, die Art der Bestattung, ob es eine Trauerfeier geben und wer eingeladen werden soll. Außerdem können Sie sagen, welche Musikwünsche Sie haben, ob die Urne ganz woanders beigesetzt werden soll, außerhalb Deutschlands, ob aus der Asche ein Diamant gepresst werden soll.

Enthält der Bestattungs-Vorsorgevertrag auch Klauseln über den digitalen Nachlass?

Ja, auch das ist möglich. Kein Angehöriger kann mit absoluter Sicherheit sagen, dass er über alle Online-Aktivitäten des Verstorbenen informiert ist. Selbst die älteren Internetnutzer haben Spuren im Netz hinterlassen und zum Beispiel in irgendeiner Form am E-Commerce teilgenommen. Deshalb kann man vorab regeln, das unser Institut nach dem Tod herausfinden soll, wo Accounts vorhanden sind. Die Seiten notieren wir dann und übergeben das Dokument an die Trauernden, damit sie wissen, wo sie ihren Angehörigen abmelden müssen oder wo er zum Beispiel noch Schulden hat.

Welche Alternativen gibt es zu Ihrem Vorsorgevertrag?

Man kann eine Sterbegeldversicherung bei einem Versicherer abschließen. Dabei legt man einen bestimmten Betrag fest, den man monatlich einzahlt – wobei die Versicherung in der Regel erst nach drei Jahren greift. Wenn man sehr alt wird, kann es aber sein, dass man mehr einzahlt als die Beerdigung am Ende kostet. Außerdem bekommen die Angehörigen das Geld meist erst ausgezahlt, wenn die gesamte Bestattung abgewickelt ist. Aus unserer Sicht ist es sinnvoller, en détail zu regeln, wie die Bestattung ablaufen soll, um die Angehörigen nicht nur finanziell zu entlasten, sondern auch seelisch, indem man ihnen die vielen Entscheidungen abnimmt und man die eigenen Wünsche und Vorstellungen niederschreibt.

Welche Art der Bestattungsvorsorge eignet sich für welchen Menschen?

Das ist ganz schwer zu sagen. Wer sich absolut nicht traut, sich mit der eigenen Endlichkeit oder der eines geliebten Menschen auseinanderzusetzen, der sollte sagen, ich schließe eine Sterbegeldversicherung ab.

In welchem Alter sollte man beginnen, sich mit der Bestattungsvorsorge auseinanderzusetzen?

Unsere Erfahrung ist, dass die konkrete Auseinandersetzung meist erfolgt, wenn Menschen die 70 überschreiten. Trotzdem kann man das auch schon mit 50 Jahren machen. Wenn beispielsweise Kinder das gemeinsam mit ihren Eltern regeln wollen, dann sind die Kinder vielleicht so zwischen 50 und 70 und können ihre eigene Bestattungsvorsorge bei der Gelegenheit gleich mit erledigen.

Können auch alte oder schwer kranke Menschen ihre Bestattungskosten noch absichern?

Bei einer Sterbegeldversicherung werden Ihnen in der Regel Gesundheitsfragen gestellt. Und wenn Sie bereits schwer krank sind, werden die meisten Versicherungen Ihren Antrag gar nicht erst annehmen. Den Bestattungs-Vorsorgevertrag, wie wir ihn anbieten, können Sie dagegen in jedem Alter abschließen. Sie sichern damit Ablauf und Finanzierung der Bestattung ab. Dafür zahlen Sie die Summe einmalig ein und bekommen dann bei uns sogar eine Preisgarantie. Die hat den Vorteil, das die Angehörigen später nichts mehr zuzahlen müssen. Bei anderen Bestattern ist dies nicht unbedingt der Fall.

Kann es trotz Preisgarantie passieren, dass zum Beispiel die Friedhofsgebühren steigen und die Angehörigen doch nachzahlen müssen?

Für die Friedhofsgebühren können wir keine Preisgarantie geben – genau das kann also passieren. Da muss man entweder ein bisschen mehr einzahlen, oder wir versuchen im Nachhinein, unsere Leistung so anzupassen, dass die Friedhofsgebühren trotzdem von dem Vorhandenen bezahlt werden können, indem wir beispielsweise ein günstigeres Sargmodell auswählen.

Besteht bei einem Bestattungs-Vorsorgevertrag nicht das Risiko, dass das eingezahlte Geld verloren geht, wenn zum Beispiel Sie als Institut insolvent gehen?

Das ist eine Besonderheit unseres Instituts. Wir haben eine Bankbürgschaft vereinbart, die in diesem Falle greift. Das heißt, wenn Menschen diese Bankbürgschaft möchten, bekommen sie sie von uns ausgehändigt und sind damit für diesen Fall abgesichert.

Welche Kosten kommen ungefähr auf Menschen zu, die sich für eine Vorsorge entscheiden?

Man kann es nicht pauschal beantworten. Wenn Sie von einer anonymen Bestattung ausgehen, die in Hamburg leider häufig vorkommt, sind das in etwa 1.500 bis 2.000 Euro. Wenn eine Trauerfeier mit vielen Trauergästen stattfindet, bedeutet das, dass der Verstorbene zu dieser Trauerfeier hin- und wieder zurückgebracht werden muss, dass man zum Beispiel eine Trauerrede arrangiert und Ähnliches. Dadurch entstehen deutlich mehr Kosten. Und dann ist eine in Hamburg übliche Bestattung, was die Bestattungskosten anbetrifft, ganz schnell bei 3.000 bis 4.000 Euro.

Bleibt die eingezahlte Summe auch unangetastet, wenn eine Person arbeitslos oder pflegebedürftig wird?

Wenn es ein Vorsorgevertrag ist, bei dem man die Bestattung im Voraus bezahlt hat – und wenn man ihn abschließt, bevor überhaupt Pflegebedürftigkeit eingetreten ist, dann wird das Geld von Seiten des Staates nicht angetastet.

Können Erben den Vertrag ändern?

Wenn uns jemand an Eides statt versichert, dass der oder die Verstorbene etwas hat anders haben wollen, dann ja. Aber ansonsten, ist das, was da abgeschlossen ist, ja der Wille des Verstorbenen. Das betrachten wir wie ein Vermächtnis und halten uns akribisch daran.