„Man hat das nächste Date sofort griffbereit“

SEXUALITÄT Marlon Jost organisiert in Hamburg einen Aufklärungs-Kongress für Jugendliche

■ 19, ist Schüler, Mitglied des Vereins „Jugend gegen Aids“ und Mitorganisator des Aufklärungs-Kongresses #ändere2015.

taz: Herr Jost, gibt es die „Generation Porno“ überhaupt?

Marlon Jost: Ja, ich glaube die gibt es. Jedenfalls in der Form, dass es heute natürlich fast schon so etwas wie eine Pornoflut gibt. Überall ist das Thema Sex präsent. In den Medien genauso wie in Gesprächen auf dem Schulhof. „Generation Porno“ bedeutet allerdings nicht „Generation aufgeklärt“, das ist ein Trugschluss. Viele glauben, die Jugendlichen wüssten heute ohnehin Bescheid, sie hätten ja alles im Internet gesehen.

Und das stimmt nicht?

Gesehen haben sie vielleicht viel, aber das klärt noch lange nicht auf. So tun sich dann Fragen und Unsicherheiten mit dem eigenen Körper und der eigenen Sexualität auf. Etwa wenn Mädchen feststellen, dass ihre Brüste nicht so groß wie die der Darstellerin sind, oder Jungs meinen, Sex müsse genauso aussehen wie im Film. An die Eltern will man sich da nicht wenden, genauso wenig wie an die Lehrer. Wer will schon einen Lehrer zu Analsex befragen. Das bewegt sich eben alles immer in einem gewissen Spannungsfeld. Das beschreibt meines Erachtens eine „Generation Porno“.

Wie wichtig sind Pornos für Jugendliche?

Das kann ich so pauschal nicht sagen. Ich glaube, es ist vor allem wichtig, dass man jungen Menschen die Werkzeuge an die Hand gibt, damit umgehen zu können. Dazu gehört einordnen und verstehen zu können, dass es einen Unterschied gibt zwischen Realität und Porno.

Welchen Einfluss haben Dating-Apps wie Tinder oder Grindr ?

Naja, dadurch, dass man das nächste Date sozusagen immer sofort in der Tasche griffbereit hat und es nur einen Wisch entfernt ist, verändert sich natürlich auch die Kultur, wie wir Beziehungen führen, das ist alles sehr viel schnelllebiger heute. Ein weiteres Thema wäre da das Sexting. Dabei ist es eben auch wichtig, sich gut zu überlegen, was für Sachen man versendet.

Verlernen Jugendliche durch das Netz, was Liebe ist?

Nein, ich glaube nicht, dass wir das verlernen. Ich finde sogar, wir sind eine sehr emotionale Generation. Wenn man sich anschaut, was Leute in den sozialen Netzwerken bewegt oder worauf die Werbung in ihren großen Werbekampagnen abzielt, dann ist Liebe ein sehr großes Thema.  INTERVIEW: FABIAN LICHTER

Kongress #ändere2015: bis So, 29. 3., Holiday Inn