jugend liest
: Alle Jahre wieder, genau. Vorschläge für Weihnachtsbücher

So kurz vor Weihnachten geht es heute natürlich um Weihnachtsbücher. Das ist wichtig. Denn die berühmte Quartalsüberzuckerung, die viele Verleger zum Fest befällt, macht die Geschenkewahl nicht eben leichter. Da wird so viel bunter, lustiger Schund abgelassen, dass die Kinderbuchabteilungen einschlägiger Buchhandelsketten für Leser zur No-go-Area werden. Man muss wissen, was man will, bevor man den Laden betritt. Hier kommen einige Vorschläge:

1. Ganz klassisch ohne Kerzenzauber und Glöckchengeklingel: ein Wissensbuch über Jesus. Das schadet nie und man lernt was. Armin Maiwald, ein alter Herr, der in jungen Jahren mal die Maus mit erfand, ist ein heiterer Geschichtenerzähler mit Forscherblick, der die Fakten mehr als das Blumig-Spekulative liebt. Anregend auch die Bebilderung: Jesus-Christ-Kunsthits, Landkarten, Fotos vom Sinai – eine schöne Mischung. „Wir haben uns mal überlegt, wie eine Pilgerreise nach Jerusalem damals ausgesehen haben könnte“ ist so eine typische Maiwald-Frage, auf die man gerne eine Antwort liest.

2. Ein spannenderer Held als dieser Faktenjesus ist allerdings Paulus, eine durch und durch moderne Figur. „Paulus gilt als ‚Entdecker des inneren Menschen‘. Was er entdeckt hat, das würde man heute umschreiben mit Begriffen wie das Ich, Identität oder Existenz.“ So holt Alois Prinz, der begnadete Biograf von Hannah Arendt, Franz Kafka und Ulrike Meinhof, zum Flug der Gedanken aus. Auch er ist ein Forscher, der die historischen Bücher über Paulus’ Zeit gewälzt hat. Auch er fragt nach dem Leben, wie es tatsächlich war. Aber anders als Maiwald versetzt er sich hinein in seine Figur. Was hat Paulus gedacht und gefühlt? Darauf findet er tatsächlich nachvollziehbare Antworten. Prinz ist der Beste. Bitte in den Warenkorb.

3. Ein weiteres weihnachtsfreies Weihnachtsbuch ist „Die Geschichte der Israelis und Palästinenser“. Fast zwei Jahre lang hat der junge Journalist Martin Schäuble im Krisengebiet recherchiert. Präzise und lesbar zeichnet er den Konflikt nach, was ja schon eine Leistung ist. Das eigentlich Besondere aber sind die O-Töne. Schäuble lässt Israelis wie Palästinenser ausführlich zu Wort kommen – und wie bei allen unlösbaren Konflikten kann man die Argumente beider Seiten nachvollziehen. Unbedingt empfehlenswert.

4. Nun aber Schluss mit der Weihnachtsvermeidetaktik, denn jetzt kommt ein Weihnachtsabenteuerbuch von Antje Rávic Strubel. Es spricht nicht gegen sie, dass die Schriftstellerin sich dafür zu schämen scheint. Strubel behauptet nämlich, ein ihr unbekannter Verfasser habe die Geschichten unter ihrem Namen an den Verlag geschickt. Derartige Schutzbehauptungen hat sie allerdings nicht nötig. Strubel ist der lebende Beweis dafür, dass einem zum W-Fest doch noch etwas Neues einfallen kann.

5. Das Schlimmste an Weihnachten ist nicht der Kitsch, sondern die Langeweile. Alle Jahre wieder, genau. Das kann man mögen, muss man aber nicht. Als Weihnachtsüberbrückungshilfe sei deshalb ein quadratisches Taschenbuch empfohlen, das die Global Player des internationalen Weihnachtsbrauchtums augenzwinkernd und kenntnisreich auseinandernimmt. „24 Rätselreisen um die Welt“ – ein netter Zeitvertreib. ANGELIKA OHLAND

Armin Maiwald, Dieter Saldecki, Peter Brandt: „Jesus“. Arena Verlag, Würzburg 2007, 158 Seiten, 14,95 Euro Alois Prinz: „Der erste Christ. Die Lebensgeschichte des Apostel Paulus“. Beltz & Gelberg, Weinheim 2007, 248 Seiten, 18 Euro Noah Flug, Martin Schäuble: „Die Geschichte der Israelis und Palästinenser“. Hanser, München 2007, 206 Seiten, 17,90 Euro Antje Rávic Strubel: „Vom Dorf. Abenteuergeschichten zum Fest“. Dtv, München 2007, 196 Seiten, 12 Euro Renus Berbig: „Unglaubliche Weihnachten. 24 Rätselreisen um die Welt“. Dtv junior, München 2007, 152 Seiten, 7,95 Euro