„Die Reichen werden reicher“

DISKUSSION Im Schauspielhaus geht es heute um Transparenz und Korruption im Kapitalismus

■ 51, ist seit 2000 Wirtschaftskorrespondentin der taz. Sie hat mehrere Bücher veröffentlicht. FOTO: WOLFGANG BORRS

taz: Frau Herrmann, der heutige Abend ist mit „Geld regiert nicht die Welt!“ überschrieben. Ist es nicht aber selbstverständlich, dass im Kapitalismus das Geld regiert?

Ulrike Herrmann: Im Kapitalismus war Vermögen immer sehr ungleich verteilt. Trotzdem gibt es eine beunruhigende Entwicklung. In den 70er-Jahren waren die Einkommen und auch die Vermögen noch relativ gleich verteilt. Seither sind die Reichen sehr viel reicher geworden, was an der Deregulierung der Finanzmärkte liegt.

Auf Regierungen einzuwirken, das versuchen viele. Gibt es guten und bösen Lobbyismus?

Es stimmt natürlich, dass auch Umweltverbände oder Mietervereine Lobbyisten sind. Trotzdem ist entscheidend, ob und wie viel Geld man hat, etwa um Studien zu bezahlen. Aber nicht nur das: Großunternehmen haben für Politiker attraktive Posten zu vergeben. Dies beeinflusst dann das Verhalten einiger Mandatsträger, ohne dass die Lobbyisten noch viel tun müssen.

Was kann gegen wirtschaftliche Einflussnahme auf die Politik getan werden?

Das erste wäre absolute Transparenz bei Parteispenden, Sponsorenverträgen, aber auch bei den Nebentätigkeiten der Abgeordneten. Dies würde den Einfluss von Unternehmen nicht gänzlich verhindern, schon weil sie immer noch Think-Tanks bezahlen oder Studien in Auftrag geben könnten.

Auf Pegida-Demos scheinen viele Teilnehmer zu vermuten, dass böse, fremde Mächte hinter der Regierung stehen.

Viele Wähler sind misstrauisch, weil keine Transparenz herrscht. Dann können am Ende natürlich Verschwörungstheorien wie bei Pegida Erfolg haben. Wenn man solche Bewegungen nicht haben möchte, muss man dafür sorgen, dass Transparenz herrscht.

Warum ist der Lobbyismus so mächtig?

Weil hinter Lobbyismus nicht nur Geld steckt, sondern auch Wissen. Das war zum Beispiel bei der Finanzkrise sehr sichtbar. Da war die Regierung samt Verwaltung komplett überfordert. Das Ergebnis war, dass die Banken, die erst die Krise verursacht haben, hinterher die Berater waren, wie man die Krise bewältigt. Dabei haben sie natürlich ihre eigenen Interessen maximal durchgesetzt. Man muss in die Verwaltung investieren, um am Ende nicht geradezu angewiesen zu sein auf das Know-how der Lobbyisten.  INTERVIEW: FAL

Ulrike Herrmann diskutiert mit Anja Hajduk (Grüne) und Wolfgang Wodarg (Transparency International): 19 Uhr, Schauspielhaus/Malersaal