Gauweiler goes home

SERVUS Der CSU-Mann tritt überraschend als Vizechef seiner Partei zurück. Er legt auch sein Bundestagsmandat nieder. AfD-Chef Bernd Lucke hat dem Eurokritiker schon mal angeboten, in seinen Verein einzutreten

VON ANJA MAIER

BERLIN taz | Peter Gauweiler bleibt gerade noch höflich. Am Dienstag hat er überraschend seinen Rücktritt als CSU-Bundestagsabgeordneter und stellvertretender Parteivorsitzender erklärt. In seiner Begründung schreibt er, von ihm sei „verlangt worden, dass ich – weil CSU-Vize – im Bundestag so abstimme, dass ich mich für das Gegenteil dessen entscheide, was ich seit Jahren vor dem Bundesverfassungsgericht und vor meinen Wählern vertrete“. Das sei mit seinem Verständnis der Aufgaben eines Abgeordneten unvereinbar. Deshalb sagt der 65-Jährige nun ziemlich laut servus.

Um die Zukunft des Rechtsanwalts muss man sich keine Sorgen machen. Seine Kanzlei in München ist gut im Geschäft. Aber seinen Abgang darf man durchaus als kalkulierten Hieb gegen CSU-Chef Horst Seehofer verstehen. Der hatte den Gegner des Eurorettungsschirms Ende 2013 zu seinem Vize gemacht – kurz vor der Europawahl wollte er mit der Personalie verhindern, dass CSU-Wähler der eurokritischen AfD ihre Stimme geben. Seehofers Plan ging nicht auf. Seither stand Peter Gauweiler in der CSU-Führung auf verlorenem Posten.

Eigentlich nichts Neues für Gauweiler. Der politische Zögling von CSU-Übervater Franz Josef Strauß folgte stets seiner eigenen Agenda. In den Achtzigerjahren forderte er als Bayerns Innenstaatssekretär HIV-Zwangstests für Homosexuelle, die Betroffenen bezeichnete er als „Aussätzige“.

Im Bundestag, dem er seit 2002 angehörte, profilierte er sich 2003 mit einem Nein zum Irakkrieg. Sonst war in Berlin nicht allzu viel zu vernehmen von ihm. Häufig glänzte Gauweiler mit Abwesenheit. Während der Sitzungswochen sah man ihn meist allein in einer der hinteren Reihen im Plenum.

Juristische Auseinandersetzungen interessierten ihn hingegen. Mehrfach zog er vor das Bundesverfassungsgericht. 2011 scheiterte er mit einer Beschwerde gegen Griechenlandhilfen und den Eurorettungsschirm. Sollte der Bundestag im Sommer ein drittes Eurohilfspaket für Griechenland zur Abstimmung stellen, hätte der „schwarze Peter“ mit seinem Nein erneut als Quertreiber dagestanden.

Seehofer bedauert nicht

Horst Seehofer erklärte am Dienstag in München, er respektiere Gauweilers Entscheidung. Von Bedauern keine Spur. Kein Wunder. Erst kürzlich hatte er die parteiinternen Kritiker Gauweiler und Peter Ramsauer abgekanzelt und die Machtfrage gestellt. „Ihr oder ich?“, hatte er auf einer Vorstandssitzung gefragt. Zumindest im Fall Gauweiler ist die Entscheidung gefallen.

Hocherfreut zeigte sich unmittelbar nach Bekanntwerden des Rücktritts AfD-Parteichef Bernd Lucke. Er lade „Herrn Gauweiler herzlich ein, der AfD beizutreten“, sagte er. Im Übrigen begrüße er, „dass er konsequent genug ist, das Versagen der Union in Sachen Eurorettungspolitik durch einen Verzicht auf alle seine Ämter in der Öffentlichkeit deutlich zu machen“.

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